Eckartschrift 194: Andreas Hofer – Sein Erbe – 200 Jahre später

Andreas Raffeiner, Sven Knoll, Martin Sendor: Andreas Hofer. Sein Erbe – 200 Jahre später. Eckartschrift 194, 112 Seiten, zahlreiche Abbildungen. € 8,20

200 Jahre nach dem Tiroler Frei­heits­kampf wid­met sich die Eckartschriftenreihe dem größten Tiroler Helden: Andreas Hofer. Ein Abriss über den geschicht­lichen Bogen vom Ersten Koalitions­krieg 1796/97 bis zur Tiroler Wiedergeburt 1813/15, eine Beschreibung des Sandwirts sowie seine Bedeutung im Geschichtsbewusstsein zweier Jahr­hunderte zeichnen das Andreas-Hofer-Bild von damals bis heute. So bleibt der Sandwirt aus Passeier, auch 200 Jahre danach, der „größte Tiroler aller Zeiten.“ Größer als er wird nur einer sein, der die Landeseinheit Tirols wiederherstellt.

1919 wurde das Land Südtirol am Brennerpass, am Reschenpass und in Winnebach von Österreich abgetrennt. Die Schrift zeigt auf, dass die Tiroler Landeseinheit in einem „vereinten Europa von heute“ keinesfalls eine Unmög­lichkeit ist, obwohl die zwei Tiroler Landesteile seit 90 Jahren hilflos im Weltmeer der Geschichte umhertreiben. Diese Ausführungen können sich die Politiker in Innsbruck, Bozen und Wien zu Herzen nehmen.

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Lesen Sie aus der Eckartschrift:

„Welch ein Mann!“ – Andreas Hofer im Geschichtsbewußtsein zweier Jahrhunderte. Dieser Beitrag wurde in der Eckartschrift 194 (2009) veröffentlicht.

Das Hofer-Bild vor seiner Hinrichtung
Von Hofers Tod bis zur Wiederherstellung Tirols 1814
Restauration und Vormärz
1848
Neoabsolutismus und Kulturkampf
Staatliche Hofer-Verehrung
Stürmische Zwischenkriegszeit
Nach 1945: moderne Zeitlosigkeit

Welch ein Mann dieser Andreas Hofer! Ein Bauer wird Feldherr, und was für einer! Seine Waffe – Gebet; sein Bundesgenosse – Gott. Er kämpft mit gebeugten Knien und schlägt wie mit dem Flammenschwert des Cherubs. Und dieses treue Schweizervolk [1] … Ein Kind an Gemüt, kämpft es wie die Titanen mit Felsstücken, die es von seinen Bergen niederrollt. Ganz wie in Spanien! Gott, wenn die Zeit der Jungfrau [2] wiederkäme und wenn der Feind, der böse Feind doch endlich überwunden wäre …

Andreas Hofer                              (Ölgemälde: Franz von Defregger)
Andreas Hofer (Ölgemälde: Franz von Defregger)

Diese Worte brachte Königin Luise von Preußen im September 1809 im fernen Königsberg kurz nach der dritten Bergisel-Schlacht zu Papier. Hofers Persönlichkeit, sein starker Charakter und natürlich seine militärisch-politischen Taten führten schon früh zu breiter Verehrung. Selbst seine schärfsten Kritiker mußten seine Redlichkeit und Integrität anerkennen. Der Sandwirt besaß ohne Zweifel erhebliche Führungsqualitäten, wußte seine Landsleute zu entflammen, ihnen Zuversicht und Hoffnung zu schenken und sie in seine Entscheidungen einzubinden. Vor allem vereinten sich in ihm die beiden Komponenten, aus denen Volkshelden gemacht sind. Er war ein Mann aus dem Volk von einer überdurchschnittlichen Volkstümlichkeit, und er wurde allgemein als Held angesehen. Seine Tapferkeit und ebenso seine Fürsorge für seine Männer, für die Frauen und Kriegswaisen und allgemein für seine bedürftigen Landsleute umgaben ihn bald mit einer besonderen Aura. Es sind keine Kriegsgreuel bekannt, die auf ihn zurückgehen, vielmehr verhinderte er Ausschreitungen seiner siegreichen Tiroler gegen tatsächliche oder vermeintliche Feinde. Seine militärischen, aber auch organisatorischen Fähigkeiten waren gegen alle tendenziöse Herabsetzung beachtlich und seit den ersten Kämpfen von 1796 geübt. Seine politischen Fähigkeiten mögen dahinter zurückgeblieben sein, wenngleich er schon 1790 sein Passeiertal auf dem Tiroler Landtag vertreten und daher durchaus in diesem Bereich Erfahrung hatte. Er suchte im Freiheitskampf auch nie ein politisches Amt. Nur widerwillig übernahm er die Regentschaft in Tirol und dies auch nur als Statthalter des für ihn einzig legitimen Landesfürsten aus dem Haus Habsburg. Es waren aber vor allem die Gründe für seinen Kampf und dessen Zielsetzungen, die ihm Gefolgschaft und Verehrung brachten. Hofer kämpfte für die freie Ausübung des Glaubens, die Wahrung der Tiroler Verfassungsrechte, seinen Landesfürsten und nicht zuletzt die Abschüttelung der Fremdherrschaft und damit für die Freiheit Tirols. Diese Zielsetzung faßte er selbst griffig im Leitspruch „Für Gott, Kaiser und Vaterland“ zusammen. Die einzelnen Elemente bildeten in Tirol meist eine anerkannte und vom Volk bejahte Einheit, während sie außerhalb durch unterschiedliche Gewichtungen von Anfang an zu verschiedenen legitimen Interpretationen führten.

Das Hofer-Bild vor seiner Hinrichtung

Hofers Tod: "Ich stehe frei vor dem der mich erschaffen hat, und so will ich auch sterben Stahlstich."
Hofers Tod: "Ich stehe frei vor dem, der mich erschaffen hat, und so will ich auch sterben." (Stahlstich)

Sein Ansehen und das Vertrauen seiner Landsleute in ihn waren außerordentlich. Nur dadurch läßt sich die Bereitschaft erklären, mit welcher Hingabe und welchem Einsatz das Volk ihm in den Kampf gefolgt ist. Zunächst als Kommandant des südlichen Landesteils, dann als Oberkommandant und Regent ganz Tirols war seine Stellung unumstritten. Der Friedenschluß seines Kaisers mit Napoleon, den viele Tiroler als Verrat empfanden, und die Abtretung Tirols an den Korsen, stürzten den Sandwirt kurzzeitig in eine tiefe Niedergeschlagenheit, die ihn in diesem schwachen Moment als unentschlossen und verzweifelt zeigt. Und ihn in einen anscheinend sinnlosen letzten Kampf ziehen läßt. Selbst in diesem Moment kam niemandem der Gedanke, Hofers Führungsrolle in Frage zu stellen. Die tiefe emotionale Bindung seiner Tiroler kam auch darin zum Ausdruck, daß sie ihren Oberkommandanten vielfach als „Vater“ bezeichneten. Seine Landsleute sahen in ihm eine Art Landesvater im besten Sinn des Wortes.

In Tirol wurde Andreas Hofer bereits zu Lebzeiten vom Volk in Kampf- und Preisliedern besungen und gefeiert. Der Beginn einer offiziellen Hofer-Ehrung darf mit der „inoffiziellen“ Adelserhebung durch Kaiser Franz I. im Mai 1809 (also bereits nach der ersten Bergisel-Schlacht) angesetzt werden, wenngleich der Betroffene selbst davon nichts erfahren haben dürfte. Sie erkennt Hofer mit seinem öffentlichen Wirken bereits als Tiroler Helden an.

Königin Luise von Preußen
Königin Luise von Preußen

Daß der Tiroler Freiheitskämpfer bereits zu Lebzeiten über sein Tirol hinaus im ganzen Deutschland (ethnisch-kulturell verstanden) zu einem Vorbild geworden war, belegen exemplarisch die anfangs zitierten Worte der preußischen Königin. Wie gut man außerhalb Tirols selbst über Details informiert war, zeigt der ausführliche Briefwechsel von Bettina von Arnim mit Johann Wolfgang von Goethe, in dem sie immer wieder ab dem Frühjahr 1809 auf die Ereignisse in Tirol und das Schicksal seiner Freiheitskämpfer eingeht, denen ihre Begeisterung und Leidenschaft gehören. „Dem Hofer war ich nachgegangen … ein Beispiel von Unschuld und Heldenthum … innerlich groß, ein heiliger deutscher Charakter“.

Vor allem für das antinapoleonische Lager wurde er zum begeistert aufgenommenen Ideal über alle politischen und konfessionellen Unterschiede hinweg. Der Tiroler hatte es gewagt, dem mächtigen Franzosenkaiser und seinen Rheinbund-Alliierten die Stirn zu bieten, und war dabei sogar erfolgreich aus den Kämpfen hervorgegangen.

Der österreichische General Chasteler trifft den siegreichen Hofer in Sterzing (Oberes Wipptal), 14. April 1809)
Der österreichische General Chasteler trifft den siegreichen Hofer in Sterzing (Oberes Wipptal), 14. April 1809

Als Symbol für den antinapoleonischen Kampf wurde er auch in weiten Teilen Europas mit Sympathie wahrgenommen, wofür beispielhaft die „Tiroler Sonette“ des englischen Schriftstellers und geläuterten Revolutionärs William Wordsworth genannt seien. Daß Hofers Popularität und Ruhm die Grenzen Tirols und auch des 1806 erloschenen römisch-deutschen Reichs zu Lebzeiten überschritten hatte, zeigt das Lösegeldangebot der Bürger im italienischen Mantua, die in Hofer „entweder einen Helden oder einen Heiligen“ sahen, wie sein Pflichtverteidiger vor dem französischen Militärgericht dem Tagebuch anvertraute.

Teilung Tirols 1810-1813
Teilung Tirols 1810-1813

Gerade diese offene Sympathie, die ihm im freien wie im napoleonisch besetzten Europa zuflog, machte ihn für den Korsen und seine Parteigänger noch um ein Vielfaches gefährlicher. Seine Heroisierung mußte verhindert werden. Deshalb erging 1810 nach Hofers Gefangennahme Napoleons Befehl an seinen Stiefsohn Beauharnais: „… verfüge augenblicklich die Bildung einer Militärkommission, die ihn aburteilen und erschließen lassen soll… All dies innerhalb von 24 Stunden.“

Von Hofers Tod bis zur Wiederherstellung Tirols 1814

Andreas Hofer, Bergiselschlacht 13. August 1809
Andreas Hofer, Bergiselschlacht am 13. August 1809

Tirol wurde nach Hofers Tod dreigeteilt und das Scheitern des Volkskampfes legte sich von 1810–1813 wie ein dunkler Schatten über das von der Landkarte gelöschte Land. Der Tod des Oberkommandanten wurde mit dem Tod des Landes geradezu in eine metaphysische Gleichsetzung gebracht. Das Gedenken an den Helden lebte im Geheimen mündlich und in Volksliedern fort.

Die gedrückte Stimmung schlägt sich im einzigen, aus dieser Zeit in Tirol überlieferten Drama des Innsbrucker Servitenpaters Philipp Benitius Mayr, selbst Feldkaplan im Freiheitskampf, nieder, der Hofer als von Österreich verführten und einfältigen Menschen darstellt. Unter bayerischer Herrschaft hätte Mayr gar nicht anders schreiben können. Abgesehen davon, daß seine Charakterisierung Hofers nicht zutreffend war, gibt sein Drama vielmehr ein Stimmungsbild nach Hofers Tod wieder, in dem die Enttäuschung über das tragische Schicksal des Landes, über Österreich und die ausgebliebene (allerdings auch gar nicht möglich gewesene) Hilfe unüberhörbar ist. Diese von Mayr angestoßene „pessimistische Strömung“, wie Gottfried Pfeifauf sie nennt, sollte unterschwellig weiterfließen und in unterschiedlichen Abständen in anders motivierten negativen Hofer-Rezeptionen wieder auftauchen. Unberechtigerweise, denn Mayr sollte nach der Wiedererrichtung Tirols, und damit dem Wegfall seines Haders, grundsätzlich Meinung ändern und zu einem glühenden Verehrer Hofers werden, was er wohl auch schon bis zur Teilung des Landes gewesen war.

In Bayern entstanden, unschwer erklärbar, zur selben Zeit aus der Feder bayerischer Staatsbeamter eine Reihe spöttischer Anti-Hofer-Publikationen, die den offensichtlichen Zweck hatten, die Tiroler von einem neuerlichen Aufstand abzuschrecken. Der Verweis auf den gehässig-spöttischen Johann Adam Bergk (1810) soll genügen.

Weit gewichtiger für die weitere Entwicklung ist die Darstellung eines anderen Tirolers, Josef von Hormayrs, jenes Vertrauensmannes von Erzherzog Johann, der einige Zeit an Hofers Seite als österreichischer Intendant in Innsbruck die Regierungsgeschäfte koordinierte. Als österreichischer Beamter war er nach dem Friedensschluß nach Österreich gegangen, während Hofer weitergekämpft hatte. In Österreich verfaßte er bereits 1810 eine erste Schrift über den Freiheitskampf. Eine Absicht dieser Publikationstätigkeit lag darin, sich selbst herauszuheben, wofür Hofer nach Belieben herabgesetzt werden mußte. Der Geltungsdrang und wohl auch Neid des Staatsbeamten war die offensichtliche Triebfeder seines Handelns. Daß Hormayr, der sich in Österreich „zu kurz gekommen“ fühlte, in den bayerischen Staatsdienst gewechselt eine weitere Ausgabe seines Hofer-Buches herausbrachte, sollte an der Darstellung des Sandwirts nichts ändern. Der Unterschied bestand vielmehr darin, daß die erste Ausgabe pro-österreichisch, die zweite hingegen anti-österreichisch verfaßt war, was wiederum mehr über den Autor als über den behandelten Stoff aussagt. Seine Erwähnung ist notwendig, da seine Darstellung die üppigste direkte oder indirekte Quelle für alle negativen Darstellungen wurde und bis zum heutigen Tag das Hofer-Bild beeinflußt.

Südliches Bayern 1806-1810
"Südbayern" 1806-1810 (Teilung Tirols von 1810 nachträglich eingetragen, grüne Linie)

Durch die Fremdherrschaft in Tirol war eine positive Hofer-Darstellung nur anderswo möglich. Wie bereits aufgezeigt, hatte Tirols Volksaufstand unter Hofers Führung auch in Preußen begeisterte Anhänger gefunden. Zu nennen sind vor allem die Vertreter der Reformbewegung um Freiherr vom Stein, für die eine Erneuerung und das Erstarken des Staates nur aus dem Volk kommen konnte. Die Volkserhebung in den Tiroler Bergen mußte dieser Vorstellung entgegenkommen und sie bestärken. Für Ernst Moritz Arndt, Joseph Görres, Theodor Körner, Joseph von Eichendorff, Friedrich Rückert und Max von Schenkendorff, die bedeutendsten Schriftsteller der Befreiungskriege, war Hofer nicht nur einer der ihren, sondern eine Lichtgestalt. Hier begegnen wir dem nationalen Strang des Hofer-Bildes, der neben dem religiös-patriotischen eine der beiden (damals noch wie selbstverständlich verwobenen) Konstanten des Gesamtbildes darstellen sollten. „Die Zeit um 1809 war in Deutschland die Geburtsstunde des modernen Nationalbewußtseins“, wie Klaus Nutzenberger in seiner fundierten Arbeit feststellt, an die sich in Zügen auch diese Ausführungen anlehnen. Der Tiroler Freiheitskampf war einer seiner Katalysatoren. Diese nationale Komponente, die in besonderer Weise Gegenstand dieser Untersuchung sein soll, galt damals nicht nur für Preußen, das „zweite“ Deutschland, sondern gleichfalls für das damals „erste“ Deutschland, das habsburgische Österreich, in dem führende Köpfe wie Staatsminister Johann Graf Stadion, Erzherzog Johann aber auch Erzherzog Karl Vertreter der Reformbewegung und des deutschen Nationalgedankens waren. Der Tiroler Freiheitskampf als nationale Tat wird jenseits der Dichtkunst erstmals 1814 von Jakob Ludwig Bartholdy, Onkel des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy, in seiner Schrift „Der Krieg der Tyroler Landleute im Jahre 1809“ gefeiert.

Restauration und Vormärz

Porträtsstich Andreas Hofers, Leipzig 1854
Porträtstich Andreas Hofers, Leipzig 1854

Mit der Wiedererrichtung und Wiedervereinigung Tirols 1814 war erreicht worden, wofür Andreas Hofer gekämpft und sein Leben gegeben hatte. Damit wurde der dunkle Schatten über dem Land hinweggefegt und entfaltete sich eine versöhnende Wirkung, wie bereits am Beispiel Mayrs gezeigt. Hofers Opfer mußte seinen Zeitgenossen, die erleben durften, was ihm verwehrt war, nun erst recht als Märtyrerakt erscheinen. Beispielhaft für die neue Stimmung ist das zweite in Tirol geschriebene Hofer-Drama. Es wurde 1816 vom Kufsteiner Rechtsanwalt Kaspar von Wörndle, Neffe von Hofers Mitstreiter Philipp von Wörndle, verfaßt und hielt sich streng an die historischen Tatsachen. Hofer tritt uns als unerschrockener Kämpfer für die Freiheit und gegen die Knechtschaft entgegen, als authentischer Führer seines Volkes, der in der Not von patriotischem Geist erfüllt für sein Vaterland streitet und den Heldentod stirbt. Der entscheidende, psychologisch bedingte Unterschied zwischen Mayr und Wörndle liegt also offensichtlich im Entstehungszeitpunkt, vor bzw. nach der Wiedererrichtung Tirols und seiner Rückkehr zu Österreich.

Die Verehrung Hofers lebte im Volk ungebrochen fort und hätte nun endlich auch öffentlich gezeigt werden können. Doch der Staat tat sich entschieden schwerer damit. Die Politik in Österreich wurde auch nach dem Wiener Kongreß von Klemens Fürst Metternich bestimmt. Er hatte ab Herbst 1809 das militärisch niedergerungene Österreich außenpolitisch auf Frankreich neu ausgerichtet, sowohl den Frieden von Schönbrunn ausgehandelt, als auch die Eheschließung der Kaisertochter mit Napoleon eingefädelt. Daß sein Verhältnis zu Tirol und auch umgekehrt ganz persönlich gespannt sein mußte, liegt auf der Hand. Zudem nahm die von ihm personifizierte Restauration aus grundsätzlichen Erwägungen Stellung gegen einen auf Volksinitiative zurückgehenden Aufstand, dessen Vertreter und die Erinnerung daran. Hofer hatte eine Idee in die Welt geworfen, an die sich die Untertanen des Kaisers und auch der anderen deutschen Fürsten möglichst nicht mehr erinnern sollten. Zudem vermutete Metternich bei Hofer und den Tirolern einen Nationalismus, den er als unkontrollierbares emotionales Element ebenso fürchtete wie als Sprengkraft für den habsburgischen Vielvölkerstaat. Das Metternichsche System übernahm gewissermaßen die Haltung der bayerischen Regierung und sah in Hofer und seinem Ideal eine potentielle Gefahr für die herrschenden Zustände. Die Regierung stellte sich damit gegen Hofer, obwohl dessen Treue zu Habsburg geradezu sprichwörtlich war, und versuchte ihn der „damnatio memoriae“ anheimzustellen. Mit Hilfe der omnipräsenten Zensur und Verboten, bis hin zu staatlich angeordneten verzerrenden und rufschädigenden Lexika-Einträgen, versuchten die reaktionären Kräfte mit Hilfe der Staatsgewalt das Andenken an Hofer im ganzen Deutschen Bund zu unterdrücken und zu verdunkeln.

Abschied vor der Hinrichtung (Ölgemälde: Franz von Defregger)
Abschied vor der Hinrichtung (Ölgemälde: Franz von Defregger)

Eines der ersten Opfer wurde Wörndle, dem die Druckerlaubnis für sein Drama verweigert wurde, obwohl er sein Stück ausdrücklich für die Erbhuldigungsfeier von 1816 geschrieben hatte, mit der unter Anwesenheit des Kaisers die Rückkehr zu Österreich gefeiert wurde.

Alle staatlichen Maßnahmen konnten jedoch der Verehrung Hofers im Volk nichts anhaben. Der öffentliche Raum blieb dieser bewundernden Erinnerung aber verschlossen.

In Tirol empfand man es als besonders unerträglich, daß Hofer in Mantua in fremder Erde begraben liegen mußte. Der zur damaligen Zeit österreichweit bekannte Tiroler Arzt und Dramatiker Alois Weißenbach verfaßte für die erwähnte Huldigungsfeier die Ode „Andreas Hofers Schatten an seinen Kaiser und sein Vaterland“. Darin ließ er Hofer selbst zu Wort kommen und an den Kaiser die Forderung erheben, die Überführung seiner sterblichen Überreste zu veranlassen. Doch selbst davon wollte die Regierung nichts wissen. Die Ode blieb dennoch nicht folgenlos. 1823 nützten einige Offiziere der Tiroler Kaiserjäger, die aus den antinapoleonischen Kämpfen entstanden waren, beim Durchmarsch einige Stunden Aufenthalt in Mantua, um auf eigene Initiative die Gebeine Hofers zu exhumieren und nach Tirol mitzuführen. In Wien war man peinlich berührt, doch die vollendeten Tatsachen konnte man nicht mehr rückgängig machen. Dem Tiroler Drängen, den Sandwirt in der Hofkirche in Innsbruck beizusetzen, wurde stattgegeben und damit die negative Haltung gegenüber Hofer kurzzeitig und auf Tirol beschränkt durchbrochen. Die Regierung versuchte die aufgenötigte Situation zu nützen, um die Popularität des Kaiserhauses in Tirol zu heben. Jenseits der öffentlichen Geste wurden jedoch die jungen Offiziere dem Hofkriegsrat für Disziplinarmaßnahmen übergeben.

Die Rückführung Andreas Hofers und seine Beisetzung gestalteten sich zu einem einzigen Triumphzug, zu einer unübersehbaren Demonstration der Verbundenheit, wie sie zur damaligen Zeit wohl nur mit der Rückkehr der Überreste Napoleons in den Invalidendom vergleichbar ist, wie Nutzenberger treffend darstellt.

Andreas Hofers Grab (mit Trauerflor), Hofkirche Innsbruck
Andreas Hofers Grab (seit 1919 mit Trauerflor), Hofkirche Innsbruck

Selbst die Gestaltung des Grabmals wollte die Regierung politisch kontrollieren und das Standbild eines „demütigen“ Hofers favorisieren. Der Kaiser gab schließlich einem politisch und religiös „neutralen“ Standbild den Vorzug, das aber einen selbstbewußten und kraftvollen Hofer zeigt.

Die Einweihung des Grabmals 1834 wurde zur zweiten großen öffentlichen Gedenkfeier für den Tiroler Oberkommandanten. Die Festakte konnten natürlich nur unter einer besonderen Hervorhebung der engen Verbundenheit zwischen Kaiserhaus und Andreas Hofer stattfinden. Daß das Kaiserhaus nämlich dem kaisertreuen Hofer auf gleiche Weise verbunden war, stellte doch eine erhebliche historische Verbiegung dar.

Die Berufung auf Hofers Wahlspruch „Für Gott, Kaiser und Vaterland“ barg bereits 1834 seine Schwierigkeiten, denn anders als noch für Hofer 1809 waren Kaiser und Vaterland nicht mehr so selbstverständlich deckungsgleich. Das alte Reich bestand nicht mehr und der Deutsche Bund war kein ebenbürtiger Ersatz. Vor allem war der Kaiser in Wien nicht mehr der deutsche Kaiser, wenn er auch noch den Vorsitz im Bund führte. Hofers Wahlspruch wird nun im auftretenden Gegensatz Patriotismus – Nationalbewußtsein für das kleinere, um nicht zu sagen ein anderes Vaterland in Anspruch genommen, nämlich das Kaisertum Österreich, das zum größeren Teil außerhalb des Deutschen Bundes lag und mehrheitlich von anderen Nationalitäten bewohnt wurde.

Jenseits der beiden genannten Festakte von 1823 und 1834 schritt die Zensurbehörde aber weiterhin mit aller Härte gegen jede öffentliche Hofer-Verehrung ein und sorgte erfolgreich dafür, daß dies auch in allen anderen auf Wien ausgerichteten Staaten des Deutschen Bundes so blieb. Mit größerer geographischer oder auch politischer Distanz nahm die Intensität der Verfolgung naturgemäß ab. Es war vor allem die national-liberale Opposition, die in Teilen des außerösterreichischen Deutschlands den nationalen Strang der Hofer-Rezeption erhalten konnte. Gerade die nationalen Autoren sahen im reaktionär dominierten Deutschen Bund keinen geeigneten Ersatz für das staatlich geeinte Deutschland, weshalb Hofer als Vorkämpfer keine Aktualität eingebüßt hatte. Es läßt sich allerdings in einigen Kreisen eine antihabsburgische Akzentverschiebung feststellen, wofür der verhaßte Metternich durch seine persönliche Involvierung in das Schicksal Hofers ausreichend Angriffsfläche bot. Als Beispiel sei nur auf den Dichter und Journalisten Wilhelm Hauff verwiesen.

Außerhalb des deutschen Sprachraums blieben die Sympathien für Hofer in Großbritannien ungebrochen, die sich vor allem in historische Romane kleideten und wegen des Gegensatzes zu Frankreich bis zur außenpolitischen Neuorientierung in der Entente cordial Anfang des 20. Jahrhunderts anhielten.

Politischer, aber nicht minder positiv war das Hofer-Bild in Italien, wo man die gemeinsame Aversion gegen Frankreich hervorhob und die italienische Nationalbewegung den Patrioten Hofer ehrte (Carlo Botta). Antihabsburgische Tendenzen in Nord- und Mittelitalien spielten noch eine untergeordnete Rolle. Der deutsch-italienische Gegensatz sollte erst ab 1848 schrittweise die politische Szene erfassen.

Julius Mosen verfaßte die Tiroler Landeshymne
Julius Mosen, Verfasser der Tiroler Landeshymne

Neben Hofers Grabmal ist das heute noch populärste Element aus dem Vormärz das Andreas-Hofer-Lied des Jenaer Burschenschafters Julius Mosen (1831) aus dem sächsischen Vogtland und der dazu komponierten Melodie des Niederösterreichers Leopold Knebelsberger (1844). Durch Knebelsbergers Konzertreisen und verschiedene Singgruppen wurde das Lied schnell verbreitet. Der Text hält sich an die historischen Fakten. Die politische Aussage findet sich in den Bezügen auf Deutschland. Mosen betont zu Recht mit „es blutete der Brüder Herz, ganz Deutschland, ach in Schmach und Schmerz“ die große Anteilnahme an Hofers Schicksal. Er äußert aber auch den Wunsch nach brüderlicher Eintracht aller Deutschen. Mit „Gott sei mit Euch, mit dem verrat’nen deutschen Reich und mit dem Land Tirol“ findet sich das deutsche Reich als politisch anzustrebendes Ziel, wobei Gott dabei allen Deutschen, nicht nur den Tirolern oder deutschen Österreichern beistehen soll, während gleichzeitig ein Seitenhieb gegen all jene geführt wird, die in der napoleonischen Zeit versagt und damit „Verrat“ geübt haben. Mosen reiht sich damit in die deutsche Einheitsbewegung des 19. Jahrhunderts ein. Er bezeugt gleichzeitig, daß es nicht nur eine antihabsburgische Richtung gegeben hat. Gegen den Kaiser erhebt er keine Anklage, sondern legt Hofer durchaus und trotz allem zutreffend „es leb mein guter Kaiser Franz“ in den Mund. Das klingt freilich anders als noch in dem 1810, wohl bald nach Hofers Hinrichtung entstandenen Tiroler Volkslied „Ach Himmel es ist verspielt“. In der pessimistischen Grundstimmung jenes Augenblicks hieß es noch „verlassen vom römschen Kaiser Franz“. Man beachte die Weglassung eines Bezugs auf „deutsch“.

Andreas-Hofer-Volksschauspiel in Algund bei Meran
Andreas-Hofer-Volksschauspiel in Algund bei Meran

Nicht unerwähnt bleiben soll das Drama „Andreas Hofer – der Sandwirt von Passeier“ von Carl Leberecht Immermann. Der Magdeburger, selbst Teilnehmer der Befreiungskriege und Burschenschafter, dann im preußischen Staatsdienst Landgerichtsrat und schließlich Theaterintendant, schuf den Prototyp der bis heute in Tirol beliebten Hofer-Festspiele. Immermann, der sich 1833 auf einer Reise durch Tirol persönlich davon überzeugen konnte, daß Hofer als „halber Heiliger“ verehrt wurde, war an der Person Hofer interessiert, kaum an politischen Motiven oder Aussagen. Dadurch brachte er ein teils recht sentimentales Element in die Hofer-Betrachtung, das später beim Publikum jedoch sehr gut ankommen sollte. Durch die dichterische Freiheit fügte er unhistorische Aspekte ein, so eine dem menschlich-sentimentalen Grundton entgegenkommende, aber frei erfundene Ehebruchsszene Hofers, die – man sieht wie Darstellungen nachwirken – im jüngsten Andreas-Hofer-Film „1809 Andreas Hofer – Die Freiheit des Adlers“ (2002) mit Tobias Moretti wieder auftauchte. Goethe, Heine und Humboldt zollten Beifall. Vorerst blieb jedoch der Publikumserfolg aus, da auch Immermann die Zensur zu spüren bekam.

Im Gefolge von Immermanns Drama tritt erstmals im linksliberalen Ludwig Börne ein grundsätzlicher Kritiker Hofers auf, der persönlich in keiner Weise in die Tiroler Angelegenheiten involviert war. Der Antireaktionär war der Ansicht, daß es bei der Entscheidung, wem man in einem Krieg folgt, nur um eine „Güterabwägung“ gehe. Er läßt erkennen, daß er die bayerische „modernere“ Seite der österreichischen vorgezogen hätte und damit die Tiroler aus politischer Ignoranz für die falsche Seite gekämpft hätten. Gegen das Andenken Hofers aufzutreten, war nie populär, weshalb dieser Einzelgänger eigens erwähnt sei, da sich in ihm gewissermaßen alle weiteren negativen Hofer-Interpreten abzeichnen. Die Frage, weshalb er gegen Hofer auftrat, wirft seinen Schatten bis heute voraus. Der 1818 zum Protestantismus konvertierte Jude war Jakobiner. Die vorherrschende romantische und positive Interpretation des Volkshelden Hofer, der je nach Betonung glaubensfest und bis zum Tod für sein Tirol und Habsburg kämpfte bzw. für Deutschland und gegen Frankreich, entsprach nicht seinen politischen Vorstellungen. Er trat dagegen auf, weil diese Interpretation in seinen Augen den Interessen seiner politischen Gegner diente. Die Ablehnung Hofers ist also vom historischen Kontext und vor allem von der Figur Hofers selbst weitgehend losgelöst und gilt vielmehr den aktuellen politischen Gegenspielern. Dabei ignorierten Radikal-Liberale wie Börne absichtlich, daß Hofer „mehr Freiheitswillen gezeigt hatte als mancher seiner aufgeklärten Zeitgenossen im Dienste des Rheinbunds“. (Nutzenberger).

Andreas Hofer im Che Guevara-Stil (2009), (c) monkey-shirt.com
Andreas Hofer im Che Guevara-Stil (2009), (c) monkey-shirt.com

Hier zeichnet sich nach der Pariser Juli-Revolution von 1830 bereits ab, daß sich Hofer selbst bei aller Uminterpretation nicht für eine Vereinnahmung als Revolutionär eignen würde, weshalb auch keine sozialistische Hofer-Rezeption möglich sein sollte. Entsprechend abfällig schrieb Friedrich Engels 1845 an den englischen „The Northern Star“ und beklagte sich darüber, daß bei jeder demokratischen Versammlung Englands auf den Patrioten Andreas Hofer angestoßen werde. Dabei sei Hofer nur ein „dummer Bauer, ungebildet, bigott und fanatisch“ gewesen, weshalb Engels den Engländern Thomas Münzer empfahl.

An Börne zeichnet sich mit Blick auf die Hofer-Interpretation auch schon die Trennung innerhalb der liberalen Opposition ab. Die beiden großen Geistesströmungen der Zeit sollten auseinanderstreben. Die Nationalen, die im Zweifel die deutsche Einheit vor die Demokratie stellten, konnten Hofer gut integrieren, zumal sie dem religiösen Aspekt bei Hofer indifferent oder positiv gegenüberstanden. Die Radikal-Liberalen hingegen, denen die Demokratie wichtiger war, der sie den nationalen Gedanken unterordneten, konnten in Hofer nur schwer einen probaten Mitstreiter ausfindig machen, wenngleich auch er gegen den absolutistischen Zentralismus gekämpft hatte (allerdings für eine andere Staatsauffassung als jene der Revolution).

Allemal kann gesagt werden, daß die radikale Unterdrückung einer öffentlichen Hofer-Verehrung durch die Restauration ihr Ziel nicht erreichte.

1848

Andreas Hofer, "nach der Natur gemalt und auf Stein gezeichnet"
Andreas Hofer, "nach der Natur gemalt und auf Stein gezeichnet"

Das Revolutionsjahr 1848 fügt einige neue Pinselstriche in das Hofer-Bild ein. Einmal zu nennen sind Bemühungen einer Historisierung des Sandwirts, indem jenseits der Idealisierung einige Biographien erscheinen, die neben Hofers Stärken auch seine Schwächen aufzeigen. Dazu gehören der Sachse Wilhelm Becker, aber auch der Tiroler Beda Weber, der Abgeordneter zur Frankfurter Nationalversammlung war. Dort war es zum offenen Konflikt zwischen Groß- und Kleindeutschen gekommen. Weber bemühte sich als Tiroler mit seiner großdeutsch geprägten Hofer-Darstellung den Frankfurter Erfolg der Kleindeutschen auszugleichen, nach Möglichkeit sogar zu revidieren. Entsprechend bedeutsam waren für den Benediktinerpater neben den religiösen Akzenten vor allem die nationalen. Diese großdeutsche Richtung wirkt geistesgeschichtlich zumindest im südlichen Tirol, aus dem sowohl Andreas Hofer als auch Beda Weber stammten, bis heute nach.

1848 brachte erstmals auch ein antiitalienisches Element in die Hofer-Rezeption, das bisher fehlte. Man denke an den Ausspruch Hofers von seinen „amatissimi tirolesi italiani“ (geliebten Welschtirolern), die nicht minder tapfer kämpften und ihm anhänglich folgten wie seine deutschen und ladinischen Landsleute. Im Gefolge der napoleonischen Zeit war parallel zu Deutschland auch in Italien eine nationale Einigungsbewegung entstanden, die wegen der ausgedehnten habsburgischen Besitzungen auf der Apenninenhalbinsel spätestens jetzt in offenen Gegensatz zu Wien getreten war und dabei auch Ansprüche auf Welschtirol erhob. Die Welschtiroler Abgeordneten in Frankfurt forderten in einer Petition die Loslösung von Tirol, was den Anfang des Austritts der Italiener aus der gemeinsamen Tiroler Geschichte einläutete. 1848 zeichnete sich damit bereits die Abwehr der italienischen Irredenta ab.

Im Sturm der 1848er Revolution und der damit zusammenhängenden Thronbesteigung Kaiser Franz Josephs I. samt Entlassung Metternichs berief sich das vor den Unruhen in Wien nach Innsbruck geflüchtete Kaiserhaus erstmals auf die Treue Andreas Hofers und der Tiroler. Das Land im Gebirge erlebte das Revolutionsjahr vor allem im Abwehrkampf gegen norditalienische Verbände.

Tiroler Münzen der Regentschaft Hofers 1809
Tiroler Münzen während der Regentschaft Hofers 1809

Im Zuge dieser Kämpfe, bei denen die Tiroler Schützenkompanien die südliche Landesgrenze verteidigten, tritt ein mythologisch-irrationales Element auf, das den Grad der volkstümlichen Verklärung Hofers keine 40 Jahre nach seinem Tod belegt. Im Sarntal entstand eine Sage, wonach der Sandwirt nicht tot sei, sondern sich lediglich in den Bergen verborgen halte und wiederkehre, wenn die Not am größten sei, um die Feinde aus dem Land zu vertreiben. Die Ähnlichkeit mit der Kyffhäuser-Sage um Kaiser Friedrich I. Barbarossa ist unübersehbar und drückt aus, wie sehr Tirol und Hofer in der Vorstellungswelt des Volkes längst zu einer Einheit verschmolzen waren.

Neoabsolutismus und Kulturkampf

Obwohl Metternich 1848 abtreten mußte, überlebte ihn sein Zensursystem noch einige Zeit, wodurch die Hofer-Verehrung auch weiterhin beeinträchtigt wurde.

Mit der Herausbildung politischer Parteien und Lager auch in Tirol sollte der parteipolitische Zwist für die Hofer-Interpretation nicht ohne Folgen bleiben. Wegen der enormen Popularität Hofers bemühten sich in unterschiedlicher Weise fast alle Parteien und Ideologien um seine Vereinnahmung. Als Alternative bot sich dagegen schon damals nur die völlige Ablehnung an, die jedoch auf wenige Beispiele beschränkt bleiben sollte.

Andreas Hofer: "Anführer der Tyroler Insurgenten" (Stich)
Andreas Hofer: "Anführer der Tyroler Insurgenten" (Stich)

Eine solche Ausnahme war Bozens Bürgermeister Josef Streiter (1804-1873), dem die parteiische Vereinnahmung Hofers durch die Katholisch-Konservativen den Tiroler Volkshelden entfremdete. Er karikierte Hofer als Lakaien der „Pfaffen“, was der Sandwirt nie war. Daß diese Haltung aus dem tagespolitischen Parteienkampf gespeist war, belegen ältere Schriften Streiters, in denen er sich noch ausgesprochen positiv zum Sandwirt äußerte: „Tirol 1809 wird ewig ruhmvoll in der Geschichte Deutschlands dastehen“.

Für die Liberalen blieb jedoch die nationalliberale Hofer-Interpretation führend, die sich direkt vom Freiheitskampf herleiten konnte, dafür stehen Namen wie der Adolf Pichlers. Der Schriftsteller und Naturwissenschaftler Pichler berief sich vor allem im Zuge der Tiroler Abwehrkämpfe gegen die italienischen Angriffe von 1859 und 1866 auf Hofer und dessen Freiheitskampf.

Eine nicht unerhebliche Zäsur brachte das Jahr 1866, eine Zäsur, die den Menschen erst langsam, dann aber umso dramatischer bewußt wurde und auch auf die Hofer-Rezeption einwirkte. Mit dem Ende des Deutschen Bundes war eine Entscheidung in der deutschen Frage gefallen, die seit den Tagen Hofers die Emotionen fesselte. Der Sieg Preußens und die Hinausdrängung Österreichs bedeutete eine folgenreiche Koordinatenverschiebung. Die Frage ob kleindeutsch oder großdeutsch war zugunsten der Kleindeutschen entschieden. Die deutschen Österreicher einschließlich der Tiroler gingen des einheitlichen Nationsbegriffs verlustig, den sie bisher mit allen anderen Staaten des Deutschen Bundes als Schatten des einstigen deutschen Reichs gemeinsam hatten, und der gerade für sie in einem Vielvölkerstaat besonders wichtig war. Die Kulturnation war mit der Staatsnation nicht mehr deckungsgleich. Österreichischer Patriotismus und deutsches Nationalbewußtsein, bisher trotz obrigkeitlicher Widerstände in Einklang zu bringen, wurden zu einem kaum mehr überbrückbaren Gegensatz.

Zweite Bergiselschlacht, 29. Mai 1809
Zweite Bergiselschlacht, 29. Mai 1809

Entsprechend tritt die nationale Hofer-Interpretation in den Hintergrund. Im kleindeutschen Sinn war die staatliche Einheit mit 1871 verwirklicht und die nationale Einigungsbewegung befriedigt worden, während die vor allem in Österreich bisher starke großdeutsche Richtung noch keine geeignete Idee hatte, wie sie auf die veränderten Verhältnisse reagieren sollte.

Der große katholisch-patriotische Strang der Hofer-Interpretation trat seit den 1850er Jahren in Deutschland intensiver politisch in Erscheinung (Emil von Boxberger aus Fulda, Hermann Dreyer in Schleswig-Holstein oder der Tiroler Cölestin Stampfer). Hofer wird als vaterländischer und katholischer Held dargestellt, wobei aus dem Kulturkampf heraus das religiöse Element besonders betont wurde.

Der Kaiserstaat tolerierte zunehmend diese Richtung, ohne sie jedoch zu fördern. Die von Metternich herrührenden Vorbehalte gegen Hofer waren noch immer zu stark. Bis 1866 zielte diese habsburgfreundliche, religiös-patriotische Rezeption auf alle deutschen Katholiken ab. Sie sollte neben der Vorbildwirkung vor allem auch Österreich als katholische Führungsmacht stützen, an die sich der Katholizismus anlehnen konnte. Nicht von ungefähr fand 1860 der Deutsche Katholikentag in Innsbruck statt. Auf ihm wurde Andreas Hofer als „Bannerträger“ des Landes aber auch des Katholizismus hervorgehoben.

So wie mit 1866 die deutschen Österreicher aus der deutschen Staatsnation ausgeschlossen wurden, war für die nichtösterreichischen Katholiken Deutschlands das katholische Österreich als bisheriges Gegengewicht zum protestantischen Preußen abhanden gekommen.

Das Passeiretal, Andreas Hofers engere Heimat
Das Passeiretal, Andreas Hofers engere Heimat

Erst 1867 konnte nach gut 30 Jahren wieder eine offizielle Hofer-Feier unter Beteiligung von kirchlichen und staatlichen Repräsentanten stattfinden. Anlaß war der 100. Geburtstag des Sandwirts. Diese wurde möglich, weil sich eine langsame Änderung in der Haltung des Kaiserhauses gegenüber Hofer abzeichnete. Die Huldigungsfeier in St. Leonhard in Passeier mit der Grundsteinlegung zu einer Herz-Jesu-Kapelle neben Hofers Gasthof verlief trotz der gerade tobenden harten Parteikämpfe ohne Mißklänge und verdeutlicht die parteiübergreifende Bedeutung des Freiheitskämpfers. Der Festakt selbst hatte eine katholisch-konservative Ausrichtung. Die Konservativen feierten Hofer als ihren Helden. Die Nationalliberalen sprachen von einem „nationalen Fest“ und von Hofer als „deutschen Helden der Befreiungskriege“, womit – ohne demonstrativen Akt – der Vereinnahmung durch eine Partei entgegengetreten wurde. Die Radikal-Liberalen ignorierten den Anlaß.

Staatliche Hofer-Verehrung

Nach dem Scheitern der großösterreichischen Reichspolitik im Deutschen Bund brauchte der österreichische Kaiserstaat identitätsstiftende Symbole. Mit der damit einhergehenden Meinungsänderung des kaiserlichen Hofes und der „Entdeckung“ Hofers zeichnete sich ein entscheidender Wandel in der Hofer-Verehrung ab.

Investitur Hofers zum Statthalter Tirols in der Hofkirche zu Innsbruck, 4. Oktober 1809
Investitur Hofers zum Statthalter Tirols in der Hofkirche zu Innsbruck, 4. Oktober 1809

Die staatlich-dynastische Vereinnahmung Hofers für Österreich nimmt ab Mitte der 1870er Jahre konkrete Formen an. Beispielhaft sei auf „Unsere Helden. Lebensbilder für Heer und Volk“ von Johann Emmer (1884) verwiesen. Das ausdrücklich von höchster Stelle gebilligte mehrbändige Werk erwähnt Andreas Hofer bereits im ersten Band neben Erzherzog Karl, Feldmarschall Radetzky und Prinz Eugen. Das Bemerkenswerte daran ist, daß ausschließlich österreichische Feldherren und, ausgenommen Hofer, nur Hochadelige angeführt wurden. Der Staat selbst hob den Tiroler Volkshelden damit in den „Olymp der österreichischen Helden“. In Zwischentönen blieb aber die ältere Distanz zum Sandwirt hörbar.

Die negative Haltung des Habsburgerstaates gegenüber Hofer wirkte noch bis ins letzte Viertel des 19. Jahrhunderts hinein, wenn nun auch nur mehr indirekt und nicht staatlich beabsichtigt. Noch 1879 konnte der „Tiroler Kalender“ daher klagen, daß man das Andreas-Hofer-Lied von Mosen „in aller Herren Länder“ singen höre, „nur nicht bei uns“.

Die Annäherung zwischen Habsburg und Hofer fand nun aber statt. Der Tiroler Oberkommandant war salonfähig geworden.

Andreas-Hofer-Denkmal am Bergisel (Innsbruck)
Andreas-Hofer-Denkmal am Bergisel (Innsbruck)

Sichtbarster Beweis für die Übereinstimmung von Volkswille und Kaiserhaus wurde die Errichtung eines mächtigen Andreas-Hofer-Denkmals am Bergisel. Das Volk hatte schon lange eine besondere Würdigung gewünscht. 1859 war erstmals konkret ein Denkmal am militärisch bedeutsamsten Ort der Freiheitskämpfe gefordert worden. Unter den Promotoren befanden sich jedoch keine Offiziere. Die Straflektion von 1823 war nicht vergessen.

Es sollten weitere 22 Jahre vergehen, bis die Idee wieder aufgegriffen werden konnte. Daß es nun Offiziere waren, die die Initiative ergriffen, belegt, wie sehr sich die Zeiten geändert hatten. Die Tiroler Kaiserjäger knüpften nun auch öffentlich an die alte, und in den Reihen des Militärs stets wachgehaltene Hofer-Verehrung an. Die Idee eines Denkmals war vom Volk und dem Tiroler Landtag „enthusiastisch“ aufgenommen worden. Die politisch führenden Kreise des Landes reagierten damit genauso wie knapp 60 Jahre zuvor anläßlich der Beisetzung Hofers in Innsbruck. Hofer war die personifizierte Manifestation der Einheit des Tiroler Volkes.

In der Gestaltung des Denkmals setzte sich die über die Parteigrenzen hinweg allgemein anerkannte patriotische Interpretation gegen die stärker religiöse durch. Mit Heinrich Natter wurde ein anerkannter Tiroler Künstler beauftragt, der den Nationalliberalen sicher näher stand als den Katholisch-Konservativen. 1893 wurde das Denkmal unter Anwesenheit des Kaisers mit einem offiziellen Festakt und unter großer Teilnahme des Volkes enthüllt. Der Staat hatte damit seine alten Vorbehalte gegen Hofer endgültig aufgegeben und machte ihn nun zu einem der bevorzugten Vaterlandshelden. Kaiser Franz Joseph I. sagte in seiner Ansprache, daß Hofer „die edelste Verkörperung der Volksseele“ gewesen sei.

Josef-Speckbacher-Denkmal
Josef-Speckbacher-Denkmal, Hall in Tirol

Das Denkmal am Bergisel sollte den Auftakt zu einer ganzen Reihe von Denkmälern zu Anno Neun bilden, mit denen die Bevölkerung auch weitere Freiheitskämpfer ehren wollte (Peter Mayr in Bozen und Brixen, Katharina Lanz in Buchenstein, Peter Sigmair in Olang, Josef Speckbacher in Hall in Tirol, Josef Haspinger in Klausen), ebenso mit zahlreichen Gedenk- und Ehrentafeln aber auch Kapellen. Zu nennen sind vor allem das einzigartige Riesenrundgemälde in Innsbruck (1896), das eine Bergisel-Schlacht darstellt, und die Gedächtniskapelle in Passeier (1899).

Insgesamt wurden in Tirol drei monumentale Andreas-Hofer-Standbilder errichtet, deren Anregung auf diese Zeit zurückgeht. Das zweite Denkmal, es stammt von Emanuel Pendl, wurde 1914 in Meran aufgestellt. Das dritte, eigentlich für Wien bestimmt, fand schließlich 1926 seine Aufstellung in Kufstein.

Die Freigabe des öffentlichen Raums für die Hofer-Verehrung zeitigte auch einen gewaltigen Schub an Straßenbenennungen. Die damals noch eigenständige Gemeinde Wilten bei Innsbruck am Fuß des Bergisel setzte 1886 den ersten Schritt. Bis zum Ersten Weltkrieg folgten dem Beispiel alle relevanten Städte des deutschen Österreichs, aber auch viele Markt- und Landgemeinden.

Wilten am Bergisel (heute Innsbruck), um 1900
Wilten am Fuß des Bergisel (heute Innsbruck), um 1900

Interessant ist, daß bei der Begründung Hofer für das habsburgtreue Tirol oder für den deutschen Teil Österreichs angeführt wird, aber nie ausdrücklich für Österreich-Ungarn (einzige Ausnahme Linz 1899). Die Hofer-Rezeption blieb in der von nationalen Gefühlen bestimmten Endphase der Donaumonarchie ein weitgehend auf die deutsche Bevölkerung des Reiches begrenztes Phänomen, was indirekt die schon 1809 einsetzende nationale Interpretation bestätigt.

Auch im Deutschen Reich widmeten zahlreiche Städte Andreas Hofer eine Straße. Zunächst ist dieses Phänomen vor allem im oberdeutschen und katholischen Raum festzustellen und läßt die Anknüpfung an die katholisch-großdeutsche Lesart erkennen, allerdings dann auch im protestantischen Raum bis hinauf in den hohen Norden. So läßt sich sagen, daß es sich um eine gesamtdeutsche Erscheinung handelte. Ausgenommen blieb davon nur die Schweiz, wo eine solche Straßenbenennung nach eigenem Verständnis bereits einen zu großen Bruch der Neutralität bedeutet hätte.

Andreas Hofer, Ölgemälde: Franz von Defregger
Andreas Hofer, Ölgemälde: Franz von Defregger

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und den beiden ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts schuf Franz von Defregger, ein herausragender Historienmaler, mit seinen Gemälden das bis heute visuell prägende Andreas-Hofer-Bild und des Freiheitskrieges. Defregger enthielt sich in seinen Hofer-Darstellungen jeglicher Parteinahme, verzichtete auf religiöse oder patriotische Motive, sogar auf die kaiserliche Goldkette, die Hofers Regentschaft symbolisierte. Der Künstler zeigt Hofer gerade durch den Verzicht auf äußeres Pathos als entschlossenen Volksführer, dem sich der Betrachter kaum zu entziehen vermag. In Drucken hingen die bekanntesten Hofer-Darstellungen in den meisten Klassenzimmern und Tiroler Häusern.

Den Höhepunkt des Hofer-Gedenkens vor 1918 als zeitbedingte Momentaufnahme bildete zweifelsohne die Jahrhundertfeier von 1909. Ein entsprechend würdiger Rahmen entsprach dem Volkswunsch. Die Feier wurde von der Tiroler Landesregierung ausgerichtet und fand großen Anklang in der Bevölkerung. Sie war vor allem Ausdruck der spezifischen Tiroler Hofer-Verehrung. Man feierte in erster Linie den Tiroler Landeshelden.

1909 - Jahrhundertfeier des Tiroler Freiheitskampfes
1909 - Jahrhundertfeier des Tiroler Freiheitskampfes

Durch die Anwesenheit des Kaisers und des Thronfolgers Erzherzog Franz-Ferdinand erhielt der Anlaß die höchste protokollarische Würdigung und verdeutlichte das längst erwachte staatliche Interesse an Hofer. Die Einbindung der katholischen Kirche in das historische Jubelfest entsprach der großen Mehrheit der Tiroler Bevölkerung wie auch Hofers Kirchentreue.

Mit dem beginnenden 20. Jahrhundert nimmt sich auch die Wissenschaft Andreas Hofers verstärkt an. An erster Stelle ist dabei die Arbeit von Josef Hirn zu nennen. Seine nüchtern ausgewogene Darstellung „Tirols Erhebung im Jahre 1809“, das er 1909 veröffentlichte, gilt heute noch als Standardwerk zum Freiheitskampf.

Im gleichen Ton schrieb grundsätzlich auch der reichsdeutsche Historiker und Präsident der bayerischen Akademie der Wissenschaften Karl Theodor von Heigel, der 1914 eines seiner „Zwölf Charakterbilder aus der neueren Geschichte“ Andreas Hofer widmete. Erst bei genauem Hinsehen erkennt man, daß Heigel ältere Vorurteile transportiert, die in Bayern nach 1809 eine frühe Richtung der Hofer-Interpretation gebildet hatten. Zu nennen wäre die angebliche „Ideenlosigkeit“ Hofers. In Wirklichkeit verfolgte Hofer gezielt die Idee, dem Kaiser ein geostrategisch wichtiges Gebiet zu erhalten, dessen Relevanz Napoleon sehr genau erkannt hatte. Weiters verwechselt Heigel Hofers Niedergeschlagenheit nach dem Friedensschluß mit einer Art verirrtem Stolz.

Jahrhundertsfeier des Tiroler Volksaufstandes 1909 (Plakat)
Jahrhundertfeier des Tiroler Volksaufstandes 1909 (Plakat)

Bemerkenswert ist, wie verschiedene Autoren vor allem auch unter dem Eindruck der Jahrhundertfeier und ihres Festumzuges vom „kernigen“, „urwüchsigen“, „authentischen“ Tiroler Volk sprechen. Für die Nicht-Tiroler unter den Beobachtern wirkte der Aufzug in den Schützentrachten wie Anno Neun nicht als historisch-komödiantisches Ereignis, sondern durchaus echt und daher geradezu wie ein zeitloses Fortleben. Hier trat, wie unmittelbar nach 1809, eine Interpretation auf, die im besten Wortsinn als „völkisch“ bezeichnet werden kann. Damals, man denke an Königin Luise von Preußen, erhoffte man sich aus dem „unverbrauchten Bergvolk“ die nötige Erneuerung Deutschlands. Nunmehr erhoffte man sich von denselben Tirolern eine Vorbildwirkung für die Einheit und den Erhalt Österreich-Ungarns.

Obwohl der Kulturkampf längst Vergangenheit war, gab es auch weiterhin eine vor diesem Hintergrund zu betrachtende katholische Hofer-Rezeption. Sie empfindet eine Gefahr für die katholische Kirche und sieht in Andreas Hofer vor allem den Verteidiger des Glaubens. Zu nennen sind besonders der Romanschriftsteller Franz Wichmann (1910) und der Tiroler Dramaturg Ferdinand von Scala, der 1902 sein Stück „Andreas Hofer“ dem damaligen Wiener Bürgermeister und Begründer der Christlich-Sozialen Karl Lueger widmete.

Eine sozialistische Hofer-Interpretation gab es auch weiterhin nicht. Diese Bewegung war in Tirol vor 1918 mit seiner geringen Industrialisierung klein. Hofer „als internationalistischen Kämpfer für die sozial Benachteiligten zu zeichnen, war wohl selbst dem gewieftesten Demagogen zu heikel“ (Nutzenberger). Dabei hätte es durchaus Anknüpfungspunkte gegeben, war doch Hofer ein Mann des Volkes, vom Adel im Stich gelassen, ein Vertreter des „kleinen Mannes“, der sich nie auf irgendeine Weise auf Staatskosten bereichert und sich tatkräftig um die Armen gekümmert hatte. Ideologisch lagen jedoch Welten zwischen Hofer und dem sich auch auf die Französische Revolution berufenden Sozialismus.

Im Ersten Weltkrieg wurde Andreas Hofer für die Kriegspropaganda herangezogen. Seine Volkstümlichkeit und Herkunft aus dem einfachen Volk legte dies gerade für das deutsche Österreich nahe. Die Berufung auf Hofer oder seine Abbildung findet sich auf Postkarten wie ebenso als wirksamer Werbeträger für Kriegsanleihen. Gerade in Tirol, aber nicht nur, mußte die Erinnerung an den schicksalhaften Kampf von Anno Neun seine Wirkung nicht verfehlen, als im Mai 1915 das Land durch den Kriegseintritt Italiens plötzlich Frontgebiet wurde. Während die regulären Truppen an der Ostfront standen, waren es zunächst vorwiegend junge noch nicht oder alte nicht mehr kriegstaugliche Jahrgänge, die als Standschützen auszogen, um die Heimat zu verteidigen, wie es hundert Jahre zuvor die Väter unter Hofers Führung getan hatten.

Stürmische Zwischenkriegszeit

Die Niederlage im Ersten Weltkrieg bedeutete nicht nur die Auflösung Österreich-Ungarns und die Ablösung der Monarchie durch die Republik. Durch das Diktat der Sieger wurden mit der Zerreißung Tirols und dem Anschlußverbot Österreichs an das Deutsche Reich neue spannungsgeladene Konfliktfelder geschaffen.

Welschtirol war bei Kriegsende aus der gemeinsamen Geschichte ausgetreten. Als unfaßbar und untragbar empfand man aber im deutschen und ladinischen Tirol die italienische Besetzung. Der größte Teil des südlichen Landesteils war der italienischen Militärverwaltung unterstellt worden. In Innsbruck setzte sich eine italienische Garnison fest.

Die 1919 mit dem Friedensvertrag von Saint Germain beschlossene Teilung des Landes löste tiefstes Entsetzen aus. Man war keineswegs bereit, sich mit dem Unrechtsdiktat abzufinden. In dieser äußersten Notsituation erfuhr die Berufung auf den Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer einen völlig neuen Impuls. Tirols historisches Kerngebiet mit der namengebenden Stammburg lag ebenso im besetzten Landesteil wie das Passeiertal, die engere Heimat Hofers. Dieser sollte zur uneingeschränkten Identifikationsfigur und geistigen Quelle für den Widerstand und das Streben nach der Freiheit und Einheit Tirols werden, sowohl im südlichen wie im nördlichen Landesteil. Das religiöse Element im Hofer-Gedenken trat zugunsten der verstärkten Betonung des deutschen Elements im allgemeinen und des großdeutschen im speziellen zurück. Dem italienischen Anspruch auf Südtirol, der nicht nur territorial war, sondern durch die kulturell dominierenden Nationalisten und politisch herrschenden Faschisten die Assimilation verlangte, wurde das deutsche Selbstbewußtsein der Südtiroler und ihre Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturraum entgegengesetzt. Der Tiroler Patriot und deutsche Volksheld wurde zum Kristallisationspunkt dieses Bekenntnisses. Entsprechend stark trat parallel das antiitalienische Element in der Hofer-Darstellung in den Vordergrund, das in ersten Ansätzen seit 1848 vorhanden und im Ersten Weltkrieg sehr deutlich geworden war. Die Qualität der antiitalienischen Ausrichtung hatte durch die Besetzung des Landes allerdings eine neue Stufe erreicht, die nur mit der antifranzösischen von Anno Neun vergleichbar ist.

Im Beharrungsgeist Andreas Hofers wurden die Tiroler gesammelt und für die neue, äußerst schwierige Situation innerlich aufgerüstet. Die politische Vertretung in Südtirol übernahm der Deutsche Verband als Zusammenschluß der Christlichsozialen und der Nationalliberalen und damit jener beiden Parteiungen, die seit 1848 im Land prägend waren und die Hofer-Verehrung im patriotischen Sinn stets mitgetragen hatten. Entsprechend berief sich der Deutsche Verband auf den Sandwirt, um die Landsleute zu Einheit und Geschlossenheit aufzurufen. Die Sozialdemokratie wurde durch die italienische Besetzung und den Faschismus völlig marginalisiert.

Andreas-Hofer-Denkmal in Meran
Andreas-Hofer-Denkmal in Meran

Das 1914 in Meran errichtete Andreas-Hofer-Denkmal war kriegsbedingt eingelagert worden. 1920 wurde es wieder auf seinen Standplatz zurückgeführt. Noch im selben Jahr fanden zwei politische Massenkundgebungen der Südtiroler am Denkmal des Tiroler Volkshelden statt.

Auf italienischer Seite war man sich zunächst über den Umgang mit dem Andenken an den Tiroler Freiheitskampf nicht einig. Die italienischen Nationalisten, allen voran Ettore Tolomei, erkannten dessen Gefährlichkeit und forderten die radikale Auslöschung jeder Erinnerung daran wie insgesamt an Tirol, Österreich und Deutschland. Das italienische Königshaus unternahm hingegen einen Versuch der Vereinnahmung, um die Eingliederung dieser neuen Provinz in den eigenen Herrschaftsbereich zu erleichtern. Als Anknüpfungspunkt betrachtete man das monarchische Element. König Viktor Emanuel III. reiste bei seinem ersten offiziellen Besuch in den „eroberten Gebieten“ auch in das Passeiertal, um dem Volkshelden seine Reverenz zu erweisen. Dabei trug er sich beim Sandwirt in dasselbe Gästebuch ein, in das sich Kaiser Franz Joseph I. und Kaiser Karl I. eingetragen hatten.

In Rom hatte man den Freiheitswillen der Tiroler aber unterschätzt. Diese forderten die Einheit und Freiheit des Landes und die war kein italienischer König und keine italienische Regierung bereit zu gewähren. Mit der faschistischen Machtübernahme im Oktober 1922 spitzte sich die Lage schnell zu. Der radikale italienische Nationalismus setzte sich nun weitgehend durch und erlangte Einfluß auf die Regierung. Bereits im Dezember 1922 wurde die Entfernung aller Andreas-Hofer-Bilder aus den Schulen angeordnet. Nationalisten und Faschisten hatten durchaus erkannt, wie leicht sich Frankreich durch Italien und Napoleon durch Mussolini ersetzen ließen, um dem Hofer-Gedenken eine aktuelle Sprengkraft zu verleihen.

Andreas Hofer von Plazidus Altmutter
Andreas Hofer, Porträtskizze von Jakob Placidus Altmutter 1809

Parallel dazu bemühten faschistische Autoren in der Hofer-Darstellung punktuell neben der Schmeichelei (Alfredo Giarratana 1928, Chefredakteur und faschistischer Parteivorsitzender der Provinz Bozen) eine antideutsche Stoßrichtung, indem sie die Franzosen als damalige Feinde zurücktreten ließen und die Bayern als Übeltäter um so stärker hervorhoben (Italo Caracciolo 1928).

Ab spätestens 1926 (Verbot des Deutschen Verbandes) gab es weder eine deutsche Amtssprache, eine deutsche Schule, eine politische Vertretung der Südtiroler noch ein eigenständiges Vereinswesen mehr. Die Volksgruppe war als solche in den Untergrund verbannt worden.

Im freien Tirol war die Hofer-Rezeption vergleichbar verlaufen. Wegen der Teilung des Landes wurde am Grabmal Hofers ein Trauerflor angebracht, der noch heute dort hängt, so lange bis das Land wiedervereint sein wird. Hofer wurde zum sichtbaren Symbol und Gewissen Tirols.

Hofers Treue zum Haus Habsburg war nach dem Wechsel der Staatsform nicht mehr aktuell. Das Bekenntnis zum Deutschtum, in den letzten Jahrzehnten der Monarchie schon stark, aber nie offizielle Staatslinie, vielmehr durch das Kaiserhaus gedämpft, wurde im Chaos der Nachkriegszeit dominant. Der Rest des deutschen Österreichs sah unter den neuen Gegebenheiten weder Zukunft noch Auftrag. Entsprechend drängte man zur Vereinigung in einer gesamtdeutschen Republik.

Bergfeuer in Virgen, 2009
Bergfeuer in Virgen, 2009, (c) virgen.at

In Nordtirol hielt man sich mit dieser Forderung zunächst zurück, da Südtirol Vorrang hatte. Für die Landeseinheit wäre man auch zu einem eigenständigen Freistaat Tirol bereit gewesen. Als sich alle Hoffnungen zerschlagen hatten, wurde 1921 eine Volksabstimmung für den Anschluß an das Deutsche Reich abgehalten. Andreas Hofer wurde auf Plakaten, Flugzetteln und in Ansprachen für die Anschlußpropaganda eingesetzt. Die Einbeziehung Hofers in die Politik erhielt damit eine neue Qualität, die wegen der außergewöhnlichen Umstände jedoch allgemein akzeptiert wurde.

Bereits 1919 war in Innsbruck von führenden Christlichsozialen und Nationalliberalen der Andreas-Hofer-Bund gegründet worden. Unter der Federführung von Prof. Eduard Reut-Nicolussi trat er überparteilich als politisch-kultureller Interessenverband für Südtirol auf. Der Rückgriff auf den Sandwirt in der Tirol-Frage wurde bereits im Namen deutlich, gewissermaßen ein Name als Programm.

Wie sehr sich die Deutschen über die von den Siegermächten diktierten Grenzen hinweg zusammengehörig fühlten, zeigte das Beispiel Tirol. Am Schicksal Südtirols nahm man auch im Deutschen Reich leidenschaftlich Anteil und sogar in anderen deutschen Minderheitengebieten. So entstanden Sektionen des Hofer-Bundes bis ins Sudetenland hinein. Der Tiroler Freiheitskampf und das Beharrungsvermögen wurden zum Sinnbild für die zahlreichen offenen territorialen Fragen und Minderheitenschicksale des deutschen Volkes.

Beispielhaft für dieses gesamtdeutsche Interesse kann die Aufstellung des dritten großen Hofer-Denkmals 1926 in Tirol genannt werden. Dabei handelte es sich um das ursprünglich für Wien gedachte Standbild von Franz Theodor Khuen, dessen Errichtung vor dem Ersten Weltkrieg aus Kostengründen und nach dem Krieg wohl aus parteipolitischen Gegensätzen im „roten“ Wien nicht mehr möglich war. Kufstein bemühte sich darauf erfolgreich um das Denkmal. Neben Tirols christlichsozialem Landeshauptmann Franz Stumpf und seinem nationalliberalen Stellvertreter befand sich unter den Ehrengästen wie selbstverständlich Münchens Oberbürgermeister Karl Scharnagl.

Das Hofer-Bild der 1920er Jahre faßte bei diesem Anlaß Kufsteins Bürgermeister Primoser zusammen: „Andreas Hofer, der Freiheitsheld, die Verkörperung tirolischer Vaterlandsliebe, überragt die Stätte. Mit der Fahne nach dem Süden – seiner geknechteten Heimat – deutend, suchen seine Augen das deutsche Reich. Mahnend: Hilf mit, deutsches Volk, die körperlichen und geistigen Fesseln unserer lieben Brüder und Schwestern im deutschen Südtirol zu sprengen und unsere heiligsten, von den Urvätern geerbten Rechte zu wahren.“ Mit scharfen Worten wurde das faschistische Italien für seine Unterdrückungspolitik im südlichen Tirol kritisiert.

Daß die Verbundenheit mit Südtirol überparteilich war, bezeugt gerade die Stadt München, wo 1925 auf Antrag von SPD und DNVP eine Straße nach Andreas Hofer benannt wurde. Gleiches gilt für die Kontakte von Südtirol-Schutzverbänden zu den verschiedenen Parteien in Österreich und dem Deutschen Reich.

Mit den 1930er Jahren begann sich das politische Klima grundlegend zu verändern. Die aufbrechende ideologische Auseinandersetzung wurde ungemein emotional geführt und sollte die Hofer-Rezeption mitreißen. Während die faschistische Unterdrückungspolitik in Südtirol den Höhepunkt erreichte, spitzte sich in Österreich der innenpolitische Konflikt zwischen den bürgerlichen Kräften und dem Austromarxismus zu. Parallel dazu erfolgte der Aufstieg des Nationalsozialismus im Deutschen Reich, der seit 1932 auch in Österreich Wahlerfolge erzielte.

Österreichs Parteien waren nicht imstande, einen konsensfähigen Ausgleich zu finden. Verhärtete Positionen auf allen Seiten und scheinbar unüberbrückbare Vorbehalte schufen eine bürgerkriegsähnliche Spannung. Spätestens als zum sozialistischen Druck nach Hitlers Machtübernahme im Deutschen Reich auch vehementer nationalsozialistischer Druck hinzutrat, gewannen in der regierenden christlichsozialen Partei autoritäre Kräfte die Oberhand, die unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß schrittweise die Demokratie durch ein autoritäres Regime ersetzten. 1934 eskalierte die Situation in zwei gescheiterten Putschversuchen. Beim zweiten, dem nationalsozialistischen, kam Bundeskanzler Dollfuß ums Leben. Seine Politik wurde vom Tiroler Kurt von Schuschnigg fortgesetzt. Außenpolitisch fand das Regime nur im faschistischen Italien eine relevante Stütze, dem in seiner noch antideutschen Ausrichtung an einer Teilung des deutschen Lagers in Europa gelegen war. Vor allem fürchtete Rom Auswirkungen auf Südtirol, wenn das Deutsche Reich seine Grenze bis zum Brenner schieben würde.

Der Preis für die italienische Unterstützung war Südtirol. Bereits das demokratische Österreich hatte Südtirol seit 1928 aus Rücksicht auf Italien immer mehr aufgegeben. Nach dem österreichisch-italienischen Freundschaftsvertrag von 1930 war Südtirol in Wien von der politischen Tagesordnung gestrichen worden. In Südtirol führte dies zu einer Neuausrichtung auf Bayern und das Deutsche Reich, die in gewissen Ansätzen bis heute nachwirkt.

Die Hofer-Darstellung erfuhr in den Jahren des Ständestaates 1934-1938 eine Vereinnahmung durch das Regime. Politisch wurde nun eine österreichisch-patriotische Richtung vertreten, die nicht mit der kaiserlichen des übernationalen Österreichs vor 1918 zu verwechseln ist. Hofer sollte für ein selbstbewußtes, eigenständiges, deutsches Österreich werben. Die allgemeine deutsche Richtung in ethnisch-kultureller Hinsicht wurde beibehalten. Österreich sollte als christlicher Gegenentwurf und damit als besserer deutscher Staat dem nationalsozialistischen Deutschen Reich entgegengesetzt werden. Als Paradox mußte sich jedoch die Selbstzensur in Sachen Südtirol erweisen. Hofer wurde als österreichischer Held und Vorbild für die Freiheit propagiert, während verschwiegen wurde, daß gleichzeitig dessen Heimat und seine Landsleute von einem fremden Regime unterdrückt wurden.

Vor diesem Hintergrund fanden im September 1934 in Innsbruck die 125-Jahrfeiern des Tiroler Volksaufstandes statt. Auch die antibayerische Karte wurde in den Abgrenzungsversuchen vom nationalsozialistischen Deutschen Reich gezogen wie bereits von Autoren im faschistischen Italien. Angesichts der traditionell engen Kontakte zu Bayern, man denke nur an die Südtirol-Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Heinrich Held (1926), mußte dies geradezu anachronistisch wirken.

Die zentral ausgerichtete Landesfeier in der Tiroler Landeshauptstadt stand ganz unter den Vorzeichen dieser neuen staatlichen Hofer-Interpretation. Das Regime suchte vor allem ein Zusammenwirken mit der katholischen Kirche. Wohl nicht nur deshalb trat das seit dem Ersten Weltkrieg kaum mehr betonte religiöse Element im Hofer-Bild wieder stärker in Erscheinung. Man bemühte sich damit, die offensichtliche politische Schwäche dieser Hofer-Rezeption auszugleichen. Ernst Fischer, der stellvertretende Tiroler Landesleiter der Vaterländischen Front sagte in seiner Rede, es wehe ein „volksfremder Geist von Norden her über die Grenze … Aber heute, ebenso wie damals, wird unser Gegner es erfahren müssen, was es heißt, an den Grundfesten des Tirolertums rütteln zu wollen. Denn so unerschütterlich wie nur je stehen der Tiroler Treue und Glauben, der Tiroler Liebe zur Heimat ihrer Väter und zu ihrem Vaterland Österreich.“ Vier Jahre später sollte an derselben Stelle von nationalsozialistischer Seite das genaue Gegenteil gesagt werden, so schnell drehte sich in den unruhigen Jahren der Wind. Daß sich sowohl der Ständestaat als auch der nationalsozialistische Staat rhetorisch auf Hofer beriefen, aber mit keinem Wort Italien, die Teilung Tirols und das tragische Schicksal Südtirols erwähnten, sollte jedoch die bemerkenswerteste Verzerrung und wohl unehrlichste Hofer-Interpretation bleiben.

"Mander es isch Zeit" - Andreas Hofers Aussage wurde zu jeder Zeit für die Propaganda genützt
"Mander s'ischt Zeit" - Andreas Hofers Ausspruch fand in den vergangenen 200 Jahre vielfältige Anwendung

Die Berufung des Ständestaates auf Hofer hatte zweifelsohne eine antinationalsozialistische Stoßrichtung. Weniger greift die Annahme, daß damit dessen Vereinnahmung durch die Nationalsozialisten entgegengewirkt werden sollte.

Der Nationalsozialismus hatte nämlich ein durchaus ambivalentes, um nicht zu sagen distanziertes Verhältnis zum Sandwirt. Zum einen sah Hitler im Italien Mussolinis einen natürlichen Bündnispartner. Diesem Bündnisziel ordnete er seit 1922 die Südtirol-Frage unter, was konkret den Verzicht auf Südtirol bedeutete. An Hitlers Einstellung zur Brennergrenze sollte sich bis zum Untergang des Nationalsozialismus nichts ändern. Wenn man sich dennoch auf Andreas Hofer berief, geschah dies auch im Nationalsozialismus primär aus taktischer Rücksicht auf dessen Popularität und zur Nutzbarmachung des Wehrwillens. Nicht alle untergeordneten NS-Kreise dachten in der Südtirol-Frage wie Hitler. Der unbedingten Gehorsamspflicht folgend kam es jedoch nie zu einer wirklich erwähnenswerten Abweichung von der offiziellen Parteilinie.

Der zweite Grund lag in Hofers Frömmigkeit, die ihn für den Nationalsozialismus schwer verdaulich machte. Entsprechend wurde nach dem Anschluß Österreichs an das Dritte Reich von den Nationalsozialisten weit mehr der Tiroler Michael Gaismair als historisches Vorbild propagiert, der im frühen 16. Jahrhundert den Tiroler Bauernkrieg angeführt hatte und allgemein als Rebell gegen Monarchie und Kirche galt. Gaismair wurde Andreas Hofer entgegengesetzt, ebenso der Bauernkrieg von 1525/26 dem Freiheitskampf von 1809.

Der Andreas-Hofer-Bund, der schon Ende der 1920er Jahre die österreichischen Bundesregierungen wegen deren Rücksichtnahme auf das faschistische Italien kritisiert hatte, konnte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Deutschen Reich und der Errichtung eines autoritären Regimes in Österreich kaum mehr für Südtirol wirken. Nach dem Anschluß 1938 wurde er verboten.

In Südtirol bildete sich 1939 im Widerstand gegen das deutsch-italienische Umsiedlungsabkommen ein neuer Andreas-Hofer-Bund im Untergrund. Mussolini und Hitler hatten sich zur endgültigen Lösung der Südtirol-Frage auf die Umsiedlung der deutschen und ladinischen Volksgruppe geeinigt. Die Südtiroler sollten mittels Option sich für die deutsche oder die italienische Staatsbürgerschaft entscheiden. Wer nicht abstimmte, wurde automatisch zu den Italien-Optanten gezählt. Damit wurden die Menschen im südlichen Tirol, die ihre Heimat und ihr Volkstum bewahren wollten, vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Wer für das Deutsche Reich stimmte, mußte die Heimat aufgeben, wer für Italien stimmte das Volkstum. Der Andreas-Hofer-Bund, eine lose, stark katholisch geprägte Gruppe, warb für das Bleiben im Land, in der Hoffnung, daß sich die Zeiten noch ändern, und sowohl Heimat als auch Volkstum bewahrt werden könnten. Neben der Heimatliebe war die Opposition zum Nationalsozialismus die Haupttriebfeder dieser Gruppe. Die Berufung auf Andreas Hofer, als Verteidiger der Heimat, der das Land auch dann nicht durch Flucht nach Österreich verlassen hatte, als sein Leben in Gefahr war, sollte vor allem auf emotionaler Ebene seine Wirkung entfalten. Ohne an dieser Stelle näher auf die Option eingehen zu können, sei nur darauf hingewiesen, daß auch der größte Teil der Deutschlandoptanten durch das öffentliche Signal eines möglichst geschlossenen Votums doch noch eine Wende und damit den Anschluß Südtirols an das Deutsche Reich erhoffte. 86 Prozent entschieden sich für die reichsdeutsche Staatsbürgerschaft, 14 Prozent für Italien bzw. gaben keine Erklärung ab. Die Ohrfeige für Mussolini war enorm, doch die beiden Diktatoren änderten ihre Entscheidung nicht mehr. Einzig der Kriegsverlauf machte die Umsiedlung unmöglich und bewahrte die Südtiroler vor der Auslöschung als Volksgruppe und den Untergang Südtirols.

Nach 1945: moderne Zeitlosigkeit

Durch den Nationalsozialismus galt das deutsche Nationalbewußtsein nach dem Zweiten Weltkrieg als desavouiert. Damit kam eine der beiden großen, seit 1809 bestehenden Hofer-Rezeptionen zum weitgehenden Erliegen. In der Bundesrepublik Deutschland, die aus den westalliierten Besatzungszonen hervorging, territorial schwer amputiert und der politischen, aber auch geistig-kulturellen Umerziehung unterworfen war, gab es keinen Platz mehr für Andreas Hofer als deutschen Freiheitshelden.

Die Hofer-Darstellung erfuhr unter diesen Vorzeichen eine geographische Einengung. Die Autoren, die sich seither mit dem Tiroler Freiheitskampf befassen, stammen fast ausschließlich aus Österreich und Südtirol.

Eine „Versachlichung“ des Andenkens an Andreas Hofer sollte dazu dienen, den nationalen Strang der Hofer-Erinnerung auch in Tirol zu entfernen und das Geschichtsbild zu „modernisieren“.

Österreich war von den Alliierten als selbständiger Staat wiedererrichtet, allerdings wie nach dem Ersten Weltkrieg mit einem Anschlußverbot nun an die Bundesrepublik Deutschland belegt worden und bis 1955 besetzt. Die offizielle Staatspolitik suchte größtmögliche Distanz zu allem Deutschen. 1945 begann nach 1866 die zweite Phase der Herauslösung aus dem deutschen Selbstverständnis. Deutschland wurde nun mit der Bundesrepublik Deutschland gleichgesetzt, um damit sagen zu wollen, daß Österreich nicht mehr ein Teil Deutschlands sei.

Der Sandwirt blieb allerdings wegen seiner Popularität auch in der Zweiten Republik eine Identifikationsfigur, die nun aber strikt österreichisch-patriotisch interpretiert wurde. Die Südtirol-Frage wurde wie schon in den 1920er Jahren wieder ein zentrales emotionales Element dieser Rezeption und überhaupt der österreichischen Staatspolitik. Diese seit 1809 sechste staatliche Hofer-Diktion unterschied sich damit wesentlich von der deutschösterreichisch-patriotischen der Zwischenkriegszeit wie natürlich ohnehin auch von der ständestaatlichen und nationalsozialistischen.

In Tirol war die Beliebtheit Hofers so stark verankert, daß sie ungebrochen und jenseits aller Ideologien fortlebte. In beiden Landesteilen hatte man große Hoffnungen darauf gesetzt, daß die alliierte Friedenskonferenz das Unrecht der Teilung endlich aufheben und Südtirol mit Österreich wiedervereinen würde. 1946 hatten sich diese Hoffnungen jedoch zerschlagen. Südtirol wurde erneut Italien zugeschlagen, den Südtirolern nunmehr aber Minderheitenrechte zugesprochen. Das konnte die Enttäuschung nicht aufwiegen, schon gar nicht, nachdem schnell klar wurde, daß das demokratische Italien nicht gewillt war, die internationalen Verpflichtungen umzusetzen.

In Südtirol war die bis heute regierende Südtiroler Volkspartei bereits im Mai 1945 aus dem Umkreis des zweiten Andreas-Hofer-Bundes gegründet worden. Die Teilung des Landes stellte auch weiterhin den aktuellen Bezug zu Hofer her und bleibt bis zum heutigen Tag ein ausgesprochen dynamisches Element der Tirol-Politik. Der landeseinende Sandwirt war und ist Spiritus rector im dramatischen Überlebenskampf der Südtiroler unabhängig davon, ob diese das Selbstbestimmungsrecht oder nur eine Autonomie innerhalb Italiens forderten.

Diese Positionen wurden im Bundesland Tirol geteilt und unterstützt. Dort hatte der Oberkommandant der französischen Besatzungstruppen, General Emile Maurice Béthouart, bereits 1946 den Brückenschlag zur öffentlichen Hofer-Ehrung ermöglicht. Frankreich verfolgte nämlich kurzzeitig eigene außenpolitische Pläne im oberdeutschen Raum, so auch die Wiedervereinigung Tirols und damit die Stärkung Österreichs. Abgesehen davon zeigte Béthouart ein besonderes historisches Gespür, einen Sinn für Geschichtspolitik und nicht zuletzt auch ehrliche Sympathie für Hofer und die Tiroler. Als er sich 1950 von Tirol verabschiedete, tat er dies mit allen protokollarischen und militärischen Ehren vor dem Andreas-Hofer-Denkmal am Bergisel und unter Anwesenheit von Tiroler Schützenkompanien. Gewissermaßen kam dies nicht nur einer Geste der Versöhnung durch den einstigen Feind von 1809 gleich, sondern einer quasi offiziellen Revision des französischen Geschichtsbildes gegenüber Andreas Hofer.

Der General sollte 1977 unter dem Titel „Andreas Hofer – Héros national historique du Tyrol“ eine Hofer-Biographie veröffentlichen, in der er den Sandwirt als Freiheitshelden in eine Reihe mit der französischen Resistance von 1940-1945 stellte und die Standfestigkeit der Tiroler auch in auswegloser Situation bewunderte.

Im Bundesland Tirol offiziell, in Südtirol inoffiziell knüpfte man 1945 ungebrochen an die identitätsstiftende Wirkung Hofers an, die das Tiroler Selbstverständnis seit 1809 prägte. 1948 wurde Mosens, längst zur inoffiziellen Hymne gewordenes Andreas-Hofer-Lied durch einstimmigen Beschluß des Landtages zur Tiroler Landeshymne erhoben. Den Südtirolern gilt sie natürlich ebenso als Hymne, die bei Gedenkfeiern oder Parteitagen erklingt. Wegen des vorprogrammierten Konfliktes mit dem italienischen Staat verzichtete man jedoch bisher auf einen amtlichen Beschluß.

Die offizielle Erinnerung an den Sandwirt und seine Mitstreiter von Anno Neun blieb seit der Aufhebung der staatlichen Zensur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein fester Bestandteil des politischen Lebens in Tirol, gleichgültig ob Monarchie oder Republik, ob Ständestaat, Nationalsozialismus oder Demokratie. Die Popularität des Volkshelden war zu allen Zeiten so stark, daß keine Ideologie und kein Herrschaftssystem, trotz aller aufgezeigten Unterschiede, eine völlige Ignorierung gewagt hätte. Vielmehr versuchte man mit unterschiedlichem Erfolg die Vereinnahmung Hofers für die eigenen Zwecke.

Zu den offiziellen Hoferfeiern rund um seinen Todestag, den 20. Februar, gehören jährlich die Gedenkveranstaltungen an der Hinrichtungsstätte in Mantua, am Bergisel in Innsbruck und am Andreas-Hofer-Denkmal in Meran. Die herausragende Stellung des Sandwirts wird auch dadurch geehrt, daß das Bundesland Tirol jeweils an seinem Todestag die höchsten Auszeichnungen des Landes an verdiente Persönlichkeiten verleiht.

Zwei Richtungen in der aktuellen Tiroler Hofer-Rezeption nach 1945 lassen sich nicht immer exakt auseinanderhalten, da sie weitgehend ineinanderfließen. Die eine Richtung, die gewissermaßen die politische Mehrheitsmeinung widerspiegelt, begnügt sich mit dem Andenken und der Ehrung des Sandwirts als herausragender Gestalt. Diese seit der Wiedervereinigung Tirols mit Österreich 1814 bestehende religiös-patriotische Richtung förderte, mit Ausnahme des Nationalsozialismus, die jeweiligen Mehrheits- und Regierungsverhältnisse in Tirol mit weitgehend katholisch-konservativer Grundausrichtung. Eine über das Bewahrende hinausgehende politische Aktualisierung erfolgte nur punktuell und meist kurzzeitig in besonderen Konfliktmomenten (Kriegszeiten, Kulturkampf, Autonomiekampf usw.). Als Beispiel sei Silvius Magnago zitiert, ehemaliger SVP-Obmann und von 1960-1989 Südtiroler Landeshauptmann, der 1984 in einem Vorwort schrieb: „Dieses Buch macht nun den Versuch, … die Ereignisse des Freiheitskrieges wieder ins Menschliche und damit wieder in die Gegenwart zu rücken. In diesen Zeugnissen wird das große Bleibende sichtbar, das auch uns bewegt, so wie es die Menschen damals bewegte: Die Einheit Tirols, die Gemeinschaft des Volkes, die Sorge um das gemeinsame Vaterland Österreich und der Wille zum Einsatz für die Freiheit.“ Die Berufung auf Andreas Hofer im Zusammenhang mit der geistigen Einheit Tirols und mit Österreich gehört zum Selbstverständnis auch der Tiroler Regierungsvertreter nördlich wie südlich des Brenners, die derzeit die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes für unrealistisch halten.

Die andere Richtung, beruft sich auf Andreas Hofer nicht nur als historische Erinnerung, sondern als konkretes Vorbild, um daraus ein aktives Element zur Wiedererlangung der Landeseinheit abzuleiten. Sie beschränkt sich weder auf eine idealisierende noch auf eine statische Hofer-Rezeption, sondern ist überzeugt, daß historische Entwicklungen jenseits von gesellschaftlichen Bedingungen von handelnden Personen bestimmt werden, die sich von der geschichtlichen Kraft eines Vorbildes und Beispiels anspornen und leiten lassen. Namentlich sei Prof. Franz Gschnitzer, Rektor der Universität Innsbruck und Staatssekretär im Außenamt, genannt.

Die fortgesetzte Überfremdungspolitik Italiens, mit der die Südtiroler im eigenen Land in die Minderheit gedrückt werden sollten, und die Nichtgewährung der zugesicherten Minderheitenrechte ließen die Südtirol-Frage in den 1950er Jahren zu einem internationalen Thema werden. 1955 erlangte Österreich die Souveränität zurück und konnte außenpolitisch verstärkt zugunsten Südtirols auftreten.

Bereits 1946, als 165.000 Südtiroler mit ihrer Unterschrift und 20.000 auf einer Volkskundgebung auf Schloß Sigmundskron bei Bozen die Rückkehr zu Österreich forderten, hatte man zur Bestärkung des Volkswillens an Andreas Hofer erinnert, in dessen Erbe man das Südtiroler Freiheitsstreben stellte. 1957 bei der zweiten Großkundgebung auf Sigmundskron sprach Silvius Magnago als neuer Wortführer der Südtiroler über einem am Rednerpult angebrachten Andreas-Hofer-Bild.

In Nordtirol wurde 1954 vom Tiroler Landesarchivar Eduard Widmoser unter Beteiligung führender Persönlichkeiten der Bergiselbund gegründet. Wie beim ersten Andreas-Hofer-Bund war sein Ziel, Südtirol „im Kampf um Recht und Gerechtigkeit“ zu unterstützen. Und wie bei der Vorgängerorganisation stellte die Namenswahl des Hauptkampfortes Hofers den Zusammenhang zwischen 1809 und dem aktuellen Ziel der Wiedervereinigung Tirols her.

1959 standen die 150-Jahrfeiern des Tiroler Freiheitskampfes ganz im Zeichen der brennenden Südtirol-Frage. 150.000 Zuschauer jubelten in Innsbruck den 25.000 Teilnehmern des Landesfestumzuges zu. Anders als 1934 konnten auch die Südtiroler wieder daran teilnehmen und taten dies zahlreich. Mit der Anwesenheit von Bundespräsident Adolf Schärf und Bundeskanzler Julius Raab wurde dem Ereignis überparteilich die höchste staatliche Aufmerksamkeit zuteil und machte daraus einen Staatsakt wie bereits 1909 und wiederum 1984. Der Innsbrucker Historiker Prof. Franz Huter, eine der herausragenden wissenschaftlichen Persönlichkeiten Tirols, bezeichnete die Zeit Andreas Hofers als „Krone Tirolischer Geschichte“, die „Europa ein Beispiel gegeben“ habe.

Besondere Beachtung fand eine überdimensionale schmiedeeisernere Dornenkrone, die von Südtiroler Schützen im Festumzug mitgetragen wurde. Sie sollte den „Schmerz des Tiroler Volkes über die gewaltsame Trennung des Landes“ ausdrücken. Italien reagierte mit Protestnoten und Einreiseverboten für österreichische Politiker nach Südtirol.

Im Gedenkjahr 1959 wurde unüberhörbar die Forderung nach einem geeinten Tirol erhoben. Es wurde zum Auftakt einer Internationalisierung der Südtirol-Frage, nicht aber der „Startschuß“ zu einer „Attentatswelle“, wie etwa Sigurd Scheichl 1996 behaupten sollte. Österreich brachte vielmehr das Thema Südtirol vor die Vereinten Nationen.

Von italienischen Nationalisten gesprengtes Hofer-Denkmal am Bergisel
Von italienischen Nationalisten gesprengtes Hofer-Denkmal am Bergisel

Damit begannen schleppend bilaterale Verhandlungen mit einem widerwilligen Italien. Erst darauf folgten die „Bombenjahre“, mit denen der Befreiungsausschuß für Südtirol durch Sprengstoffanschläge auf das geteilte Land aufmerksam machte. Parallel verübten italienische Gruppen in Südtirol und in Österreich im Kampf um Symbole Attentate gegen Andreas-Hofer-Gedenkstätten. Die italienischen Nationalisten hatten bereits nach dem Ersten Weltkrieg die identitätsstiftende Wirkung Hofers und seines unbeugsamen Freiheitswillens als gefährlich erkannt. 1961 wurden die Andreas-Hofer-Denkmäler in Mantua und am Bergisel gesprengt, 1979 auch das Andreas-Hofer-Denkmal in Meran. Mit den Attentaten sollte offensichtlich auch die dahinterstehende Idee ausgelöscht werden. Im Umkehrschluß ist Hofer symbolisch ein zweites Mal für die Einheit und Freiheit Tirols gestorben. Die Denkmäler wurden sofort unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wiedererrichtet.

Ende der 1960er Jahre kam es in mehrerlei Hinsicht zu einer Wende. 1969 gelang der Durchbruch bei den österreichisch-italienischen Verhandlungen, der zur Südtiroler Autonomie führte, die ab 1972 in Kraft trat. Damit war das Überleben der Volksgruppe gesichert und führte schrittweise zu einer Entspannung des konfliktgeladenen Klimas.

Weiters hatte 1968 die Studentenrevolte einen politisch-kulturellen Umbruch größten Ausmaßes losgetreten. Die bisher in Österreich weitgehend aus politischer Opportunität betriebene Abkoppelung von Deutschland wurde nun forciert und führte zu einem Bewußtseinswandel in der Bevölkerung. Damit begann das Andreas-Hofer-Bild in Österreich und Südtirol teilweise voneinander abzuweichen. In Südtirol blieben die patriotische und nationale Sichtweise ineinander verwoben und eins, wie es weitgehend von 1809 bis 1945 gewesen war.

Da man sich in Nord- und Südtirol im gemeinsamen patriotischen Hofer-Bild wiederfindet, läßt sich dieser Unterschied überbrücken. Spürbar ist der Gegensatz dennoch. Als deutsche Volksgruppe in Südtirol und deutsche Minderheit in Italien wirkt es für Südtiroler irritierend, wenn sie in Österreich zu hören bekommen, daß man keine Deutschen sei, während für einen Südtiroler jenseits aller staatsrechtlichen Fragen das Selbstverständnis als Tiroler, Österreicher und Deutscher keinen Gegensatz, sondern lediglich verschiedene Ebenen ein und derselben Identität darstellt. Das wiederum erklärt auch die besonderen Sympathien der Südtiroler für Bayern.

Eine andere Folge der 68er Revolte war das radikale Infragestellen und die neomarxistische Entwertung überlieferter Werte. Es entbrannte ein regelrechter Kampf um das Gedächtnis, der bis heute nicht entschieden ist. Die Existenz von Helden wurde kategorisch abgelehnt („Schluß mit dem Hofer-Kult!“) [3]. Werte und Geschichtsbilder wurden zu Instrumenten der politischen Herrschaftsausübung erklärt, die lediglich zur Stützung des abzulehnenden politischen Systems dienen würden und daher durch „Entmythologisierung“ zertrümmert werden müßten. Hofer wurde in dieser Perspektive wegen seiner starken Präsenz im offiziellen Leben Tirols geradezu zur Personifizierung der offiziellen Herrschaftsideologie. Die Neue Linke lehnte Hofer mit dem üblichen Spott jener Tage ab und meinte damit die bestehenden politischen Mehrheitsverhältnisse, vergleichbar einem Streiter im 19. Jahrhundert. Die Anerkennung eines Robespierres fiel ihr leichter als die eines Hofers. Während gleichzeitig die Loslösung von den eigenen Wurzeln durch ein bisher unbekanntes Spiel der Worte als „Akt der Befreiung“ stilisiert wurde (Der fahrende Skolast). So schrieb die Leitfigur der 68er in Südtirol und Begründer der italienischen Grünen-Bewegung Alexander Langer, daß der „Hofer-Kult“ „jene nicht begeistert, die heute im Kampf gegen ein Regime stehen, das noch mit soviel Erfolg den klerikalen, nostalgischen, autoritären und reaktionären Zement gebraucht.“ [4]

Die „Entmythologisierung“ wurde außerhalb (aber auch innerhalb) des wissenschaftlichen Rahmens zum politischen Instrumentarium. Allerdings konnten sich auch Neomarxisten nicht gänzlich der menschlichen Faszination für Mythen entziehen. Im Umgang mit Andreas Hofer findet sich für die 1970er Jahre eine Parallele zu den Nationalsozialisten. Gleich diesen setzten auch die Neomarxisten als Teil ihrer Geschichtspolitik dem „Mythos“ Hofer den Sozialrebellen Michael Gaismair entgegen (Michael-Gaismair-Gesellschaft).

Im wissenschaftlichen Rahmen bemühte man sich unter den neuen politischen Gegebenheiten um eine „Entideologisierung“ und „Entidealisierung“ des Hofer-Bildes, wobei vor allem die Historiker Meinrad Pizzinini („bewußt die sonst oft noch bei diesem Thema übliche ´heldische Diktion´ vermieden“) und Werner Köfler („Eine kritische Geschichtsbetrachtung sollte ideologische Deutungsversuche hinterfragen und einen Beitrag zur Entmythologisierung leisten“) mit ihren bemerkenswerten Arbeiten zu nennen sind.

Im allgemeinen Trend der Geschichtswissenschaften traten seit Mitte der 1960er Jahre gesellschaftliche und wirtschaftliche Motive des Tiroler Freiheitskampfes in den Vordergrund, während ideengeschichtliche und diplomatische Momente zurücktraten. Eine genauere Untersuchung der sozialgeschichtlichen Aspekte stellte einen interessanten Gewinn dar, doch scheint es, als sollten sie teilweise gegen die ideellen Motive ausgespielt werden.

Dem gegenüber war das überlieferte Hofer-Bild stets authentischer, da es die herausragende Bedeutung des Ideals in der Motivation der Tiroler erkannte und anerkannte. Die bewußte Umwertung der Werte führte hingegen zu einer Bagatellisierung und nicht selten zum Lächerlichmachen jener Motive, die 1809 ein ganzes Volk in seinem Freiheitswillen zu einem außergewöhnlichen Akt des Widerstandes und der Opferbereitschaft veranlaßte.

Karikatur in den "Südtiroler Nachrichten", 2003
Karikatur in den "Südtiroler Nachrichten", 2003

Neuerdings wird im wissenschaftlichen Kontext die „Dekonstruktion“ von Geschichtsbildern propagiert, was häufig lediglich die Fortsetzung der angeblich notwendigen „Entmythologisierung“ unter neuem Namen ist, denn – so die neomarxistische Lesart – die Überlieferung müsse „immer und immer wieder entlarvt“ werden. Geschichte ist aber identitätsstiftend und –prägend, weshalb die große Leistung des kulturellen und historischen Gedächtnisses eines Volkes wesentlich dazu beiträgt, Identität in der Gegenwart durch die Geschichte zu ermöglichen. Es sind die großen Erzählungen der Geschichte, die sich vor allem an positiven Ereignissen, großen Momenten und heldischem Handeln orientieren, die für den Einzelnen als auch für ein ganzes Volk Identität entstehen lassen. [5]

Tendenziös im „neuen Geist“ sind die Darstellungen von Stephan Vajda (1980) und Hans Magenschab (1984) verfaßt. Die journalistische Tätigkeit beider Autoren mag zudem Einfluß auf ihre Deutung genommen haben. Vajda versucht eine Interpretation aus der Sicht des „kleinen Mannes“. Vor allem fällt seine harte antihabsburgische Sicht auf und die strikte Ablehnung einer idealistischen Rezeption. Die Exklusivität wirtschaftlicher Motive, mit der Vajda gleichzeitig jeden ideellen Beweggrund ausschließt, ist neu.

Tiroler Adler
Tiroler Adler, (c) schuetzen.com

Hans Magenschab, der sich aus allen älteren negativen Hofer-Rezeptionen speist, wiederholt auch deren Behauptung, daß Hofer „nicht für die Freiheit“ gekämpft habe. Überhaupt wertet Magenschab aus heutiger Perspektive die Ereignisse von damals, weshalb ihm – wie könnte es auch anders sein – Hofer nicht als lupenreiner Demokrat erscheint.

Die Spiegel-Korrespondentin Inge Cyrus ließ sich in ihrem Beitrag über das Tiroler Gedenkjahr 1984 die Feder mehr von politischer Leidenschaft denn historischen Fakten leiten und verzerrte Andreas Hofer zum „Rauf- und Saufbold“, „Nationalheld rechter Tiroler“, „bigotten Frömmler“ und „blinden Anhänger des Ancien regime“. [6]

Die immer wieder durchschimmernde Sympathie für den „Zwingherrn zur Freiheit“, wie Fichte Napoleon nannte, durchzieht die neomarxistische Hofer-Rezeption wie ein roter Faden.

Schützenmajor Georg Klotz vor dem Andreas-Hofer Denkmal in Meran, 1964 erschossen
Schützenmajor Georg Klotz vor dem Andreas-Hofer-Denkmal in Meran, 1964 erschossen, (c) schuetzen.com

Ganz anders stellt sich der philosophische Zugang Joachim Fernaus dar. Der nationalkonservative Fernau veröffentlichte 1984 fiktive Gespräche mit historischen Persönlichkeiten zu je einer philosophischen Frage. Bei Andreas Hofer geht es um den Heldentod. Fernau fragt, ob es sich gelohnt habe, ob es nicht besser heißen hätte sollen „lieber französisch als tot“, und läßt Hofer auf die Fremdherrschaft verweisen und die Selbstbestimmung unterstreichen: „Da sterb’ ich doch lieber für die Heimat.“ Obwohl sich Fernau jedes aktuellen politischen Bezugs enthält, ist seine Darstellung keineswegs apolitisch. Er läßt auch in der Frage ob Widerstand oder Unterwerfung seine Sympathien für Hofer erkennen, der sich im Ernstfall für den Widerstand entschieden hatte. So läßt er Hofer sagen: „Nein. Und wenn es hundertmal vergebens war, sinnlos war es nicht!“ Opfer brauche die Welt, denn ohne werde sie öde und leer. Die Opferbereitschaft als sinnstiftendes Beispiel und Vorbild für die nachgeborenen Generationen. „War unsere Tat nicht wie ein Feuerrad, das man zur Sonnenwende auf den Bergen sieht? Vaterlandsliebe, Heimatliebe ist es, die da brennt!“ 1984 war die heutige Bundesrepublik Deutschland noch geteilt, weshalb die Betonung der Selbstbestimmung auch in diesem Zusammenhang gelesen werden konnte. Fernau blickt vor allem auf die moralische Kraft, die er in den Tirolern erkennt, die sich zur Gänze der Idee des Freiheitskampfes verschrieben hatten. Und stellt sie jenen gegenüber, denen diese moralische Kraft fehlt und die nicht mehr bereit sind, für Ideale Opfer zu bringen.

Nicht unerwähnt bleiben soll, daß 1978 in Wien ein bereits seit Anfang des Jahrhunderts geplantes Andreas-Hofer-Denkmal errichtet und damit die Bedeutung des Sandwirts auch für das österreichische Selbstverständnis der Zweiten Republik sichtbar gemacht wurde.

Landesfestumzug in Innsbruck 1984: 175 Jahre Tiroler Freiheitskampf
Landesfestumzug in Innsbruck 1984: 175 Jahre Tiroler Freiheitskampf, (c) einigtirol.at

1984 fanden die 175-Jahrfeiern des Freiheitskrieges statt, die in allen Landesteilen mit großem Einsatz begangen wurden. Den Höhepunkt bildete wie seit 1909 unter Anwesenheit der höchsten Vertreter des Staates die zentrale Landesfeier in Innsbruck. Über 35.000 Teilnehmer und weit mehr als 150.000 Zuschauer erlebten den Landesfestumzug in Innsbruck mit, der zudem vom ORF direkt im Fernsehen übertragen wurde.

Wiederum wurde, gegen religiöse Bedenken und linke Kritik, von Nordtirols Landeshauptmann Eduard Wallnöfer durchgesetzt, als ausdrucksstarkes und allgemeinverständliches Symbol der Landesteilung eine Dornenkrone mitgetragen und mit zahlreichen Transparenten von teilnehmenden Südtirolern die Selbstbestimmung und die Wiedervereinigung Tirols gefordert. Die Zuschauer bekräftigten diese Forderungen durch Sympathiebekundungen und starken Applaus.

An dieser Stelle sei auch Tirols Schützenkompanien gedacht, die in allen Landesteilen in besonderer Weise das Erbe Andreas Hofers pflegen und sich in direkter Linie zu den Freiheitskämpfern von 1809 sehen. Konnte die Tradition in Nord- und Osttirol ungebrochen fortgeführt werden, war das Schützenwesen im südlichen Landesteil lange Zeit verboten. Erst ab 1946 begann dort der Wiederaufbau (seit 1983 auch in Welschtirol). Den Rang eines Oberkommandanten, den Hofer innehatte, gibt es seither nicht mehr. Er soll erst wieder aufgegriffen werden, wenn Tirols Schützen ohne Staatsgrenzen vereint sind.

Andreas Hofers Erben
Andreas Hofers Erben, (c) schuetzen.com

Während im Gedenkjahr von offizieller Seite in den beiden Tiroler Landesteilen vor allem das Geschichtsbewußtsein und die kulturelle Tiroler Identität gefördert werden sollten, trug es in Südtirol wesentlich zur Formung einer jüngeren Generation von Selbstbestimmungsbefürwortern bei, die als Gegenentwurf neben die sich ausformenden links-alternativen Grünen traten und sich teilweise als dynamischeres Element erwiesen. Gesellschaftspolitisch wurden sie allerdings noch nicht so einflußreich, da die Selbstbestimmungsbestrebungen sowohl von der offiziellen Politik, als auch medial und nicht zuletzt natürlich vom italienischen Staat weit mehr Widerstand erfahren als die Grünen, die sich als dominanter zeitgeistiger Trend präsentieren können.

Das Gedenkjahr 1984 führte insgesamt zu einer intensiven Beschäftigung der verschiedensten Richtungen mit Andreas Hofer. Während es keine sozialistische Hofer-Rezeption gab und die Neomarxisten mehr an der Zertrümmerung des Hofer-Bildes interessiert waren und daher bestenfalls die negative Rezeption bedienten, versuchte der österreichische, linksbunte Journalist und Schriftsteller Günther Nenning ihn in seinem Buch „Erzherzog Johann Mythos“ (1984) als „modernen Helden“ und Vorkämpfer für Natur- und Umweltschutz darzustellen.

Schützen des Passeiertals, (c) schuetzen.com
Schützen des Passeiertals, (c) schuetzen.com

Die seit den 1980er Jahren vorgetragene, jedoch völlig unzutreffende Behauptung, die Hofer-Verehrung sei erst Ende des 19. Jahrhunderts entstanden bzw. lediglich auf Intellektuelle und Bürgerliche beschränkt gewesen (Hannes Obermaier, 1984, Laurence Cole, 2000), wurde bereits ausführlich widerlegt. Sie entspricht in Parallele der behaupteten späten, funktionalen Konstruktion von Nation.

Der weitere Ausbau der Südtiroler Autonomie hat zu einer gewissen Entemotionalisierung der seit 1919 eng mit Andreas Hofer verknüpften Südtirol-Frage geführt. Die fortdauernde Teilung des Landes bleibt aber ein dynamisches Element in Tirol, das sich allen tagespolitischen und auch ideologischen Vorstellungen zu entziehen scheint. Ebenso hat sich Andreas Hofer und sein Ideal in den zurückliegenden 200 Jahren allen ideologischen und staatsrechtlichen Veränderungen und Vereinnahmungsversuchen gegenüber resistent und unabhängig erwiesen.

Die Freiheitsliebe öffnete und öffnet stets neu den Zugang zu Andreas Hofer als Symbol der Tiroler Identität. So bleibt der Sandwirt auch 200 Jahre nach seiner Hinrichtung der „größte Tiroler aller Zeiten“. Größer als er wird nur jener sein, der die Landeseinheit Tirols wiederherstellt.

[1] Anspielung auf Friedrich Schillers Drama Wilhelm Tell, uraufgeführt 1804 in Weimar.

[2] Anspielung auf Friedrich Schillers Drama Jungfrau von Orleans, uraufgeführt 1801 in Leipzig.

[3] www.alexanderlanger.org/cms/index.php?r=1&k=144&id=311

[4] A. Langer: Andreas Hofer, l’imperatore, i francesi e noi, in: Letture Trentine v. 01.03.1984

[5] C. G. Kaul: Friedrich Barbarossa im Kyffhäuser. Bilder eines nationalen Mythos im 19. Jahrhundert, Wien 2006

[6] I. Cyrus: Ganz Tirol in Treue fest, in: Der Spiegel 32/1984 v. 06.08.1984

Ausgewählte weiterführende Literatur:

Dörrer, Anton: Andreas Hofer auf der Bühne, Brixen 1912.

Feichtinger, Josef: Tirol 1809 in der Literatur, Bozen 1984.

Frankl, Ludwig August (Hg.): Andreas Hofer im Liede, Innsbruck 1884.

Köfler, Werner: Das Jahr 1809 und Andreas Hofer im Wandel der Zeiten, in: Südtirol in Wort und Bild, 28/29 (1984/1985), S. 5–8

Menghin, Oswald: Andreas Hofer im volkstümlichen Liede, Brixen 1912.

Nicolini, Stefan: Andreas Hofer im Geschichtsbewußtsein des 20. Jahrhunderts, in: Zeitgeschichte, 22 (1995), S. 405–414 .

Nutzenberger, Klaus: Das Bild Andreas Hofers in der historischen, literarischen und künstlerischen Rezeption des 19. und 20. Jahrhunderts, Diss., Münster 1998.

Pfeifauf, Gottfried: Die Wandlungen des Hofer-Bildes in Tirol bis 1900, Diss., Innsbruck 1938.

Pizzinini, Meinrad: Andreas Hofer – seine Zeit, sein Leben, sein Mythos, Wien 1984.

Steinlechner, Siegfried: Die Andreas-Hofer-Rezeption in der Zweiten Republik – über die staatstragende Funktion von Mythen, Dipl.-Arb., Wien 1998.

Nicolini und Steinlechner seien als Beispiele jenes zertrümmernden 68er-Geistes genannt, der wissenschaftliches Arbeiten mit politischem Kampf verwechselt.


Einheit Tirols – nicht Utopie, sondern (bald) Realität. Ein Beitrag zur aktuellen Tirol-Debatte veröffentlicht in der Eckartschrift 194 (2009).

Die Landeseinheit als konkrete Zukunft Tirols
Südtirol – Versuch einer aktuellen Bestandsaufnahme
Das Vaterland Österreich
Italien und die italienische Sprachgruppe in Südtirol
Selbstbestimmung ist möglich
Europäisches Zukunftsmodell Tirol
Vorstufen zur Landeseinheit
Ganz Tirol in Zahlen


Die Landeseinheit als konkrete Zukunft Tirols

Im Tiroler Gedenkjahr 2009 jährt sich zum 90. Mal auch die zweite Teilung des „Landes im Gebirge“. Damit stellt sich mit dem Gedenken an den großen Tiroler Freiheitskampf auch die Frage nach der heutigen Situation und möglichen Zukunftsperspektiven dieses Landes. Vor zwei Jahrhunderten erhoben sich die Tiroler wie eine Naturgewalt gegen die Fremdbestimmung. Die Teilung sollte von 1810–1814 nur von kurzer Dauer sein. Die zweite Teilung von 1919 hingegen ist in die Jahre gekommen und manchem scheint sie unumkehrbar. Ist sie das aber wirklich?

Tirol Bergfeuer
Bergfeuer für die Einheit Tirols: Herz-Jesu-Nacht 2009

Unter Tirol wird im folgenden die Einheit des historisch deutschen und ladinischen Tirol und damit der gesamte heutige Lebensraum der Tiroler verstanden: in Österreich das Bundesland Tirol und in Italien die Autonome Provinz Bozen-Südtirol sowie die beiden ladinischen Täler Hayden und Buchenstein in der Provinz Belluno und das ladinische Fassatal in der Autonomen Provinz Trient. Als Tiroler verstehen sich Deutsche und Ladiner gleichermaßen.
Bis 1918 gehörte auch Welschtirol dazu, das vor allem aus dem ehemaligen Fürstbistum Trient bestand und heute in Italien die gleichnamige autonome Provinz bildet. Dieser italienische Landesteil erklärte 1918 den Austritt aus Tirol, nachdem das einigende Band des gemeinsamen habsburgischen Landesfürsten zerschnitten war. Die danach folgende Zwangsvereinigung Südtirols mit dem Trentino und die damit verbundene italienische Majorisierung belastete durch Jahrzehnte das Verhältnis nachhaltig. Die politische Einheit mit dem Trentino gehört seither illusionslos der Vergangenheit an.
Die Südtiroler konnten unter den deutschen Volksgruppen und Minderheiten, die durch Siegerdiktat entstanden sind, ihren organischen Bestand und ihre Vitalität gegen Entnationalisierungs- und Assimilierungsversuche gut behaupten. Ein Phänomen, das vor allem mit dem Beharrungsvermögen eines kräftigen Bergvolkes erklärbar scheint, das vom selben bäuerlichen Charakter geprägt ist, wie zu Andreas Hofers Zeiten.
Entgegen allem blauäugigen Internationalismus, den Teile der politischen Linken aber auch des liberalen Bürgertums durch die Globalisierung zu verwirklichen hofften, zeigen nationale Faktoren eine erstaunliche Beharrungskraft. Das belegt auch die Suche nach geeigneten Konzepten für eine gerechte und tragfähige Nationalitätenpolitik, wie ein wachsen-des Interesse an der Südtirol-Autonomie zeigt. So ist es durchaus berechtigt, daß Südtiroler Politiker und Fachleute in Sachen Minderheitenschutz und Selbstverwaltung das Er-reichte international vermitteln. Daraus darf jedoch keine Schieflage in der Perspektive entstehen, die in Selbsttäuschung einen Zwang plötzlich als bestaunte Nische erscheinen läßt. Vor allem entbindet das Erreichte niemanden vom Auftrag, das Unrecht der Teilung zu überwinden.
Ist die Wiedervereinigung Tirols also noch ein Thema? Wird sie noch angestrebt? Soll sie überhaupt noch angestrebt werden? Um die Beantwortung abzukürzen und auf den Punkt zu bringen, sei auf die deutsch-deutsche Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg verwiesen. Wer sich den Weg vom entschlossenen wie dramatischen Wiedervereinigungsstreben nach Kriegsende zwischen Westdeutschland und der sowjetischen Besatzungszone über den Mauerbau in Berlin bis zur fast völligen Gleichgültigkeit vergegenwärtigt, wird in diesen Fragen und allen möglichen heute nördlich wie südlich des Brenners darauf gegebenen Antworten ein Déjà-vu erleben. Es scheint heute Lichtjahre entfernt, doch das sich Abfinden mit einem aufgenötigten Status quo war in den 80er Jahren in Westdeutschland so weit fortgeschritten, daß Befürworter der Deutschen Einheit weitgehend isoliert waren. Zunächst verengte sich der Horizont auf das eigene Teilgebiet, dann begann der äußeren Abgrenzung von den eigenen Volksangehörigen jenseits von Mauer und Zonengrenze auch eine innere Abgrenzung zu folgen, die in der Herausbildung von Teilidentitäten mündete.
Die deutsch-deutsche Frage liefert aber auch die großartige und glückliche Antwort auf die oben gestellten Fragen. Die deutsche Wiedervereinigung ist Realität geworden und dies mit einer völlig überraschenden Geschwindigkeit. Aus diesem welthistorischen Ereignis, das durch die Zugehörigkeit zur selben Sprach- und Kulturnation von ganz herausragender und geradezu intimer Bedeutung für Tirol ist, läßt sich auch für das Gebiet zwischen Kufstein und Salurn ein ebenso logischer wie zwingender Schluß ziehen: Keine Staatsgrenze, die auf Unrecht gründet, ist unumstößlich! Die Frage nach der Wiedervereinigung Tirols ist damit gestellt und die doppelte Antwort darauf lautet ohne Zweifel: Ja! Tirol soll wiedervereint werden und kann wiedervereint werden.

Die Diktatur des Faschismus hat bereits 1943 abgedankt. Der gefährlichere, weniger leicht faßbare italienische Nationalismus hat sich in den 90er Jahren erheblich abgeschwächt. Sowohl Italien als auch Österreich gehören der Europäischen Union an. Warum aber ist dann Tirol noch nicht geeint?

Südtirol – Versuch einer aktuellen Bestandsaufnahme

Nachdem die Südtiroler während der Diktatur des Faschismus nur knapp der völligen Auslöschung entgangen waren, scheiterten nach Kriegsende wie schon 1919 ihre Forderungen nach Selbstbestimmung und Rückkehr zu Österreich an der Willkür der Siegermächte. Mit der Wiederherstellung der italienischen Staatshoheit über das südliche Tirol war die Grenzfrage auf Jahrzehnte hinaus tabuisiert und mit der Verfolgung wegen Hochverrats durch das italienische Strafgesetzbuch belegt.
Dabei sollte es bis 1979 bleiben, als der Innsbrucker Völkerrechtler und österreichische Nationalratsabgeordnete Prof. Felix Ermacora in einem denkwürdigen Vortrag in der alten Tiroler Bischofsstadt Brixen den Tabubruch praktizierte und die Südtiroler aufforderte, das Selbstbestimmungsrecht einzufordern und damit eine rein defensive und langfristig wenig zukunftsträchtige Haltung durch eine aktive Position zu ersetzen. Nachdem Italien die Schlußakte von Helsinki unterzeichnet hatte, war eine Hochverratsanklage nicht mehr möglich.
Die anfänglich beachtliche Aufmerksamkeit und teils spontane Begeisterung wurde jedoch schnell wieder in einer bemerkenswerten Zangenbewegung erstickt und in die Tabuisierung zurückgestoßen. Die politische Führung der damals noch fast monolithisch organisierten Volksgruppe betonte zwar den grundsätzlichen Anspruch auf Selbstbestimmung, erteilte jedoch deren Anrufung „zum derzeitigen Zeitpunkt“ eine strikte Absage. Gleichzeitig übte sie gegen die dissidente Meinung einen enormen Konformitätsdruck aus.
Parallel reagierte der italienische Staat mit hektischen Aktivitäten, empörter politischer Verurteilung und polizeistaatlichen Methoden im demokratischen Kleid. Aufgerieben zwischen politischer und sozialer Ächtung innerhalb der Volksgruppe und gezielten Kriminalisierungsversuchen durch italienische Staatsorgane wurden die Selbstbestimmungsbefürworter bald isoliert. Dennoch kandidierte bei den Landtagswahlen 1983 erstmals, wenn auch nur mit bescheidenem Erfolg, eine Liste mit der Forderung nach „Selbstbestimmung jetzt“.
Die Selbstbestimmung ist seither mit dem doppelten Verdikt des italienischen Staates und der politischen Führung der Südtiroler belegt. Funktionierende politisch-mediale Netzwerke sorgen für eine permanente Ächtung der Sezessionsforderung.
Anfang der 80er Jahre konnte die Selbstbestimmung in einer noch im Kalten Krieg erstarrten Welt als abenteuerliche Illusion gesehen werden. Seit 1972 stand Südtirol mitten in der Verwirklichung einer hart erkämpften Autonomie. Zudem blockierte Italien mit seinem Veto jede Annäherung Österreichs an EWG und EG. Die politische Zweigleisigkeit Autonomie – Selbstbestimmung konnte das Erreichte gefährden. Die Gelegenheit, parallel zur Autonomie in der politischen Diskussion zumindest den Boden für den nächsten Schritt zu bereiten, ließ man aus Sorge vor der möglichen Eigendynamik ungenützt.
Seither haben sich die politischen Voraussetzungen jedoch grundlegend geändert. Seit dem epochalen Fall des Eisernen Vorhangs 1989, dem Abschluß der Autonomieverwirklichung 1992 und dem EU-Beitritt Österreichs 1994 ist das Beharren auf der bisherigen Ablehnung des Selbstbestimmungsrechtes zum Anachronismus geworden. Durch die einseitige Fixierung auf die Autonomie (auch mittels restriktiver Auswahl des politischen Nachwuchses) verfiel die Autonomiegenera-tion mit dem Paketabschluß in eine bedenkliche landes- und volkstumspolitische Sprachlosigkeit. Sie wirkt seither kraftlos, ausgelaugt und seit 1992 unfähig, einen neuen politischen Kurs zu definieren, der das entstandene Vakuum füllen könnte. Frühere Generationen, die mit Leidenschaft die Einheit Tirols ersehnten, aber mit Bajonetten daran gehindert wurden, konnten von den günstigen Voraussetzungen, wie sie heute herrschen, nur träumen. Die Idee einer „dynamischen Weiterentwicklung der Autonomie“ ist zwar durchaus positiv zu bewerten, konnte aber zu keinem Zeitpunkt eine emotionale Wirkung entfalten und erwies sich als untauglich, für die Einheit der Volksgruppe als Kitt zu fungieren. Zudem ist sie mit der Unwägbarkeit belastet, daß alle von Italien nach 1992 gewährten Zuständigkeiten nicht Teil der international abgesicherten Autonomie sind und damit jederzeit einseitig zurückgenommen werden können. Die derzeitige Delegierungspraxis von Zuständigkeiten ohne Ausgleichszahlungen dient Rom vor allem zur Entlastung der leeren Staatskassen, während man gleichzeitig recht unverhohlen einen Konnex zwischen den Zugeständnissen und dem Verbleib Südtirols bei Italien erkennen läßt.
Die 1991 einsetzende Wiedervereinigungsdiskussion verfolgte mit dem Stichwort „europäische Region Tirol“ die richtige Idee zur richtigen Zeit. 8000 Tiroler aus allen Landesteilen hatten sie unabhängig von den Regierungsparteien am Brenner bei der Großkundgebung „Nachdenken über Tirol“ gefordert. In Tirol hoffte man mit großem Optimismus die europäische Regionalpolitik und die politische Bewegung des europäischen Regionalismus für die politische Einheit des Landes nützen zu können. Rom schwang umgehend die „Pangermanismus“-Keule, den es hinter den zahlreichen, vor allem an den Rändern des deutschen Sprachraums entstehenden Plänen für Europaregionen witterte.
Von den eher halbherzig agierenden Regierungsparteien in Bozen und Innsbruck wurde das Trentino in das offizielle Projekt miteinbezogen, um den „deutschen“ Charakter der Europaregionsbestrebungen abzuschwächen. Damit war man jedoch frühzeitig vom eigentlichen Ziel abgewichen. Der Optimismus erwies sich zudem bald als bloßer „Tranquilizer für die Unfreiheit im EU-Supranationalstaat“ (Richard Piock [1]).
Die Autonomiegeneration kontrolliert im südlichen Tirol alle Schalthebel. Mit einem durch die Autonomie prall gefüllten Landeshaushalt ausgestattet, baute sie ein engmaschiges Klientelsystem auf, begann sich in der mächtigen Position eines quasifeudalen Gefüges zu gefallen und erstarrte zusehends in dieser „Arroganz der Macht“ (Karl Zeller [2]). Anstatt sie zu fördern und zu gestalten, blockiert sie eine aktive Tirol-Politik. Vielmehr konzentrierte sie sich in den zurückliegenden 15 Jahren mehr auf teure Prestigeprojekte von zweifelhafter Nützlichkeit, die zudem eine gemeinsame Tiroler Handschrift vermissen lassen. Diese „Phase eines Neureichendaseins“ (Viktoria Stadlmayer [3]) führte dazu, daß die Volkstumspolitik „sträflich vernachlässigt“ wurde. (Hans Benedikter [4]) Die inflationäre und partikularistische Begriffsverwendung von Südtirol statt Tirol und Südtiroler statt Tiroler begleitete diese Entwicklung.
Jede Überbetonung einer „multiethnischen“ Südtiroler Separatidentität, die sich unausgesprochen auch durch Abgrenzung Richtung Norden definiert, erfolgt zu Lasten des gemeinsamen Tirol. Auch sie entspricht letztlich der Status-quo-Erhaltung, die der italienische Staat seit 1945 fördert, nachdem die Gewaltmethoden des Faschismus gescheitert waren. Realitätsfremd ist, wer meint, daß die Zugehörigkeit zu einem fremden Staat auf Dauer keine Auswirkungen auf die Identität einer Volksgruppe habe. Ein bedenklicher Indikator der jüngsten Zeit sind sich häufende Leserbriefe, in denen Südtiroler sich selbst als „deutschsprechende Italiener“ bezeichnen. Wenn sich Südtiroler heute die Diktion des italienischen Nationalismus zu eigen machen, kommt dies einem späten Sieg von Südtirols Totengräbern Ettore Tolomei und Benito Mussolini gleich. Im Säuseln des modischen Zeitgeistes scheinen längst nicht alle Südtiroler die eigene Rückgratlosigkeit zu bemerken.
Das Verstummen einer saturierten politischen Führung in der Tirol-Politik führte aber schrittweise auch zum Ausbau der volkstumspolitischen Opposition, die trotz Ausgrenzung am Ziel der Wiedervereinigung Tirols festhält. Gestärkt wird sie vor allem durch die jüngere Generation. Was sich im Land verändert, zeigen die Landtagswahlen: Stimmten 1983 erst wenig mehr als drei Prozent für die erste Selbstbestimmungsliste, konnten die Selbstbestimmungsparteien 2008 rund 30 Prozent der Südtiroler Stimmen erzielen. In der Altersgruppe der 18 bis 29-Jährigen wurden die Selbstbestimmungsbefürworter sogar deutlich zur stärksten Kraft. [5]
Es sind stets die Entschlossenen, die Geschichte schreiben. Sie können die Unentschlossenen mitreißen und herausführen aus einer angepaßten, unterwürfigen Trägheit. Das war zu Andreas Hofers Zeiten nicht anders.

Das Vaterland Österreich

Österreich hat weder auf Südtirol noch auf die Wiedervereinigung Tirols verzichtet. Das geteilte Tirol ist in Österreich weiterhin ein „Herzensanliegen“. Eine Formulierung, die vor allem den damit verbundenen emotionalen Aspekt zum Ausdruck bringt. Ohne die Zustimmung Österreichs als international anerkannter Schutzmacht Südtirols, kann Italien die Landesautonomie nicht verändern. Mit Ausnahme der Grünen bekennen sich alle Nationalratsparteien ausdrücklich zur österreichischen Schutzfunktion für das südliche Tirol.
2006 beschloß der österreichische Nationalrat mit großer Mehrheit die Verankerung einer Südtirol-Schutzklausel in der künftigen österreichischen Bundesverfassung. Ein wichtiger Schritt, der in Südtirol durch eine Petition des traditionsreichen Schützenbundes angeregt und von allen Bürgermeistern (bzw. deutschen Vize-Bürgermeistern in den fünf mehrheitlich italienischen Gemeinden) unterstützt wurde.
Die Macht des Faktischen von Grenzen, seien sie auch noch so durchlässig wie jene des Schengen-Raums, belegt ein zuweilen schlampiger Umgang mit Begriffen („bei uns in Italien“ und „bei euch in Österreich“), die gewisse Akzentverschiebungen im Wir-Gefühl hörbar machen und leicht vermeidbare Irritationen auf beiden Seiten der Unrechtsgrenze zur Folge haben. So kann man in Österreich hören: „Wir fahren nach Italien“, obwohl man einen Ausflug in die Tiroler Städte Brixen oder Meran unternimmt. Die Südtiroler werden dabei wegen ihrer Staatszugehörigkeit einfach zu „Italienern“. Ein umgekehrtes Indiz ist die „Pauschalbezeichnung ‚Österreicher‘ für alles, was jenseits von Brenner, Reschen und Winnebach wohnt“ (Robert Gismann [6]), die keinen Unterschied zwischen (Nord)Tiroler Landsleuten, Burgenländern oder Steirern macht.

Italien und die italienische Sprachgruppe in Südtirol

Während heute das Zusammenleben der Volksgruppen weitgehend harmonisch verläuft, ist die Geschichte der italienischen Staatspräsenz im südlichen Tirol – entgegen aller Sprachakrobatik und schleichender Gewöhnung – eine Besatzungsgeschichte im klassischen Sinn des Wortes. Die Tiroler wurden gegen ihren Willen dem Mittelmeerland einverleibt und ihnen bis heute eine freie Entscheidung über ihr Schicksal verweigert. Das wichtigste Tabu Südtirols – nach dem Zentraltabu Selbstbestimmung – sind nicht die besatzungsgeschichtlichen Ursprünge, sondern die psychologischen und tagesaktuellen Auswirkungen dieser Besatzung und deren Hintergründe für die Gegenwart des Landes. Die auf volkspädagogische Umerziehung ausgerichtete neomarxistische Linke erweist sich dabei übrigens als zuverlässigster Verbündeter italienischer Interesse im Land.
Die italienische Sprachgruppe (laut Volkszählung 2001: 26,3 Prozent in Südtirol; 9,6 Prozent auf ganz Tirol bezogen) ist in Südtirol zwischen 1920 und 1960 durch zwei staatlich geförderte Einwanderungswellen unter faschistischen und nationalistischen Vorzeichen entstanden. Das erklärte Ziel war zunächst die koloniale Inbesitznahme der neuen „Provinz“ und dann die Majorisierung der alteingesessenen deutschen und ladinischen Bevölkerung. Seit dem Inkrafttreten der Autonomie 1972 erfolgt eine dritte Einwanderungswelle. Da die italienische Sprachgruppe dennoch leicht schrumpft, findet diese kaum Beachtung. Sie geschieht, ohne nationalistisch aufgeladen zu sein und ist vor allem durch die Anziehungskraft von Wohlstand, Vollbeschäftigung und einer funktionstüchtigen (deutschen) öffentlichen Verwaltung bedingt. Die beachtliche Dimension dieser „übersehenen“ Zuwanderung wird deutlich, wenn man berücksichtigt, daß ohne sie der italienische Bevölkerungsanteil heute bei rund 17 Prozent läge. Zum Vergleich hatte er 1961 mit 34,3 Prozent seinen Höhepunkt erreicht.
Die Zahlen belegen, daß es auch nach 90 Jahren eine nur geringe italienische Verwurzelung im Land gibt. Die italienische Sprachgruppe ist „heimatlos aus eigenem Verschulden“. [7] Sie ist durch eine hohe Fluktuation gekennzeichnet und konzentriert sich in wenigen Gemeinden. Mehr als ein Fünftel der italienischen Präsenz stellen allein aktive oder ehemalige Polizei- und Militärangehörige mit ihren Familien. Von den 2004 in Südtirol lebenden Italienern, verbrachte fast die Hälfte zumindest die ersten sechs Lebensjahre in einer italienischen Provinz, von wo sie dann irgendwann nach Südtirol zugewandert sind. [8] Daß ganze italienische Parteibündnisse ihre Kandidatenlisten, wie bei den Landtagswahlen 2008, von „Rom beschließen“ [9] lassen, ist ein weiterer Beleg für die geringe Bodenständigkeit. So wird es nicht verwundern, daß sich nur zehn Prozent der Italiener in Südtirol richtig wohlfühlen, während 63 Prozent ein „ziemliches oder starkes Mißbehagen“ empfinden. [10]
Während nach Südtirol zuwandernde Italiener als „Inländer“ nach nur vierjähriger Ansässigkeit bei Landtags- und Kommunalwahlen das Schicksal des Landes mitbestimmen können, besitzen die rund 7000 in Südtirol lebenden Nordtiroler, Österreicher und Bundesdeutschen als „Ausländer“ kein Wahlrecht. Das ist nur ein Beispiel für die realitätsverzerrende Wirkung der Landesteilung. Zu Recht betont der Tiroler Sprachwissenschaftler und Historiker Egon Kühebacher, daß Österreicher und Bundesdeutsche natürlich keine Ausländer sind, da Südtirol seit dem frühen Mittelalter zum deutschen Sprach- und Kulturraum gehört.
Dennoch lassen sich auch positive Veränderungen feststellen. Trotz aller Widrigkeiten hat die deutsche Volksgruppe die Fähigkeit zur teilweisen Assimilation der Neuzuwanderer bewahrt. Dies gilt vor allem in den Landgemeinden, wo die meist geringe italienische Präsenz in der zweiten Generation integriert werden kann.
Jahrzehntelang betrachtete sich die italienische Sprachgruppe als „Herrenschicht“, die das Erlernen der deutschen Sprache als entwürdigend ablehnte. Heute ist die vorherrschende Stellung der deutschen Sprache in Südtirol auch von italienischer Seite weitgehend anerkannt. An Nachholbedarf bei den Deutschkenntnissen besteht freilich kein Mangel: 2004 gaben 52 Prozent der Italiener an, die deutsche Hochsprache und fast drei Viertel die Tiroler Mundart überhaupt nicht oder kaum zu verstehen. [11]
Um das berufliche Fortkommen ihrer Kinder zu sichern, legen auch italienische Familien zunehmend Wert darauf, daß diese gute Deutschkenntnisse erwerben, und schicken sie an deutsche Schulen. Die deutsche Schule genießt einen wesentlich besseren Ruf, während die italienische Schule durch einige Taschenspielertricks zur Umgehung wesentlicher Autonomiebestimmungen (wie den Sprachunterricht durch muttersprachliche Lehrkräfte) durch außerstande scheint, eine ausreichende Erlernung der deutschen Sprache zu gewährleisten. So kann es noch immer sein, daß ein zugewanderter slowakischer Kellner sich in einem Jahr bessere Deutschkenntnisse angelernt hat, als ein italienischer Schulabgänger nach zehnjähriger Schulpflicht. Gleichzeitig ist der Andrang italienischer Kinder an deutschen Kindergärten und Schulen nicht unproblematisch. Jeder Forderung nach einer „gemischtsprachigen“ Schule, mit der die deutsche Volksgruppe der 1943 zurückerhaltenen deutschen Schule und damit ihres wichtigsten Schutzinstruments beraubt werden soll, ist eine klare Absage zu erteilen.
Die langsam zunehmenden Deutschkenntnisse jüngerer, in Südtirol lebender Italiener vor allem der jüngsten Einwanderungswelle, können als geeigneter Diskussionszugang genützt werden. Lange Zeit konnte man sich mangels Sprachkenntnissen auf italienischer Seite einer Diskussion der Tirol-Frage verweigern, während sich umgekehrt volkstumspolitische Kreise Südtirols, trotz vorhandener Sprachkenntnisse, weigerten, diese Diskussion auch auf Italienisch zu führen. Die italienische Sprachgruppe scheint derzeit politisch in zwei etwa gleich große Teile zu zerfallen. Einer davon hält an der italienischnationalen Position mit ihrer imperialistischen Prämisse fest, während der andere zumindest die Autonomie positiv bewertet. [12] Jeder fünfte Italiener soll bereit sein, eine Loslösung Südtirols von Italien zu unterstützen. [13]
Der Kontakt jüngerer Italiener mit der deutschen Sprache und Kultur, besonders mit der Tiroler Kultur kann sie ein neues Heimatgefühl entdecken lassen. Das rührt schon daher, daß im Deutschen Heimat und die damit verbundenen Emotionen sprachlich faßbar sind und jenen Ausdruck finden, der in der italienischen Sprache fehlt. Über den Zugang zur Heimat, kann auch die tiefe, jahrtausendalte Verbundenheit der deutschen und ladinischen Tiroler zu ihren Bergen und Tälern, der von ihnen geschaffenen Kulturlandschaft, zu ihrem keineswegs beliebigen, sondern historisch und territorial festumrissenen Land, zu eben diesem Tirol verständlich werden.
Aber auch wer durch Italien reist, kann einen gewissen Wandel feststellen. Entgegen früher allgegenwärtigen nationalistischen Reflexen, bemühen sich heute nicht wenige Italiener ihr Wissen über das südliche Tirol hervorzukehren (die Ladiner werden allerdings weiterhin meist als Italiener „mit einer besonderen italienischen Mundart“ vereinnahmt).
Das hörbarste Indiz des Wandels ist, wenn Italiener von „Tirolo del Sud“ oder „Sudtirolo“ sprechen und nicht mehr jenen bürokratisch-häßlichen Kunstbegriff „Alto Adige“ aus der nationalistischen Giftküche des frühen 20. Jahrhunderts gebrauchen. Allerdings folgt auch heute noch unweigerlich die Frage nach dem Selbstverständnis eines Südtiroler Gesprächspartners. Und natürlich würde es dem italienischen Ohr schmeicheln, wenn er sich unterwürfig als „deutschsprechender Italiener“ zu erkennen gäbe. Antwortet er zutreffend mit einem Bekenntnis zum Deutschtum und zu Österreich wird dies – anders als noch vor 15 Jahren – in den meisten Fällen anstandslos akzeptiert. Nach Jahrzehnten der nationalistischen Selbsttäuschung leugnet man nicht mehr Evidentes. Dieser italienische Läuterungsprozeß ist von Seiten Tirols und Österreichs klug, aber zielstrebig zu fördern.
Die seit 2003 von der Südtiroler Landesregierung geförderte Dachmarke „Südtirol“ ist ein gekonnter Schritt in diese Richtung. Werbeeinschaltungen in italienischen Medien korrigieren in den Köpfen die begriffliche Identifikation des Territoriums und ersetzen „Alto Adige“ mit Südtirol. Italiener sprechen übrigens meist auch nicht von „Südtiroler Brauchtum“ oder „Südtiroler Essen“, sondern korrekterweise von Tiroler Küche und Tiroler Musik. Nebenbei sei erwähnt, daß ein Italiener auch kaum fragen würde, ob sich ein Südtiroler als Italiener oder Österreicher fühlt, sondern ob er sich als Italiener oder Deutscher fühlt. Sowohl innertirolische wie innerdeutsche Partikularempfindlichkeiten werden aus der Ferne kaum wahrgenommen.
An Argumenten, mit denen die Wiedervereinigung Tirols gegenüber italienischen Gesprächspartnern meisterhaft vertreten werden kann, fehlt es naturgemäß nicht. Wer solche Diskussionen geführt hat, weiß, in welchem Begründungsnotstand sich die italienische Seite befindet. Ein allgemeiner Konsens verbietet es ihr, am Beginn des 21. Jahrhunderts jene nationalistischen und imperialistischen Gewaltstandpunkte hervor-zukehren, die am Ursprung der Südtirolfrage standen. Jenseits davon lassen sich aber keine Argumente für die weitere Aufrechterhaltung der Teilung Tirols finden. So bleiben nur zwei Alternativen: Öffnung zum Dialog oder Rückzug in die Dialogverweigerung, mit dem (noch) effizienten Hinweis auf den Status quo, den man nicht begründen müsse, mit dem man gleichzeitig aber auch die immanente Argumentationsschwäche offenbart.
Das italienische Geschichts- und Staatsverständnis beruht auf dem Risorgimento, jener italienischen Einigungsbewegung, mit der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Schmach der Teilung Italiens überwunden werden konnte. Nichts anderes fordern die Tiroler auch für sich. Italiens Landwirtschaftsminister Luca Zaia, der als Lega Nord-Vertreter allerdings einer anderen Tradition angehört, erklärte bei einem Besuch im Südtiroler Unterland, daß die Südtiroler „natürlich ein Recht auf Selbstbestimmung haben“. [14] Francesco Cossiga, ehemaliger Staatspräsident Italiens, brachte am 29. April 2008 im italienischen Parlament den Entwurf eines Verfassungsgesetzes ein, das den Südtirolern die freie Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes zugestehen soll. [15] Die Zeit scheint reif, auch in Italien dafür Verständnis und Unterstützung zu suchen, um auf neuer Grundlage eine gutnachbarschaftliche Zukunft zu gestalten.

Selbstbestimmung ist möglich

Ohne Zweifel ist das Tiroler Volk, als vorstaatliche ethnische und politische Einheit ganz Tirols, wie in der Präambel der Tiroler Landesverfassung festgeschrieben, Träger des Selbstbestimmungsrechtes der Völker.


hinweistafel
Unverrückbare Tatsache: Süd-Tirol ist nicht Italien!


Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Gewaltsystems sind allein in Europa 23 neue Staaten auf der Grundlage sprachlich-kultureller Gemeinsamkeiten oder historischer Besonderheiten entstanden oder haben sich durch Wiederverei-nigung neu formiert. Eine Reihe dieser neuen Staaten sind territorial kleiner und wirtschaftlich schwächer als Tirol. Ihre große Zahl belegt die ungeheure Dynamik, die 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer eingeleitet wurde und verdeutlicht die außerordentlichen Chancen für die Wiedervereinigung Tirols.
Es mag sein, daß der heilsame Umbruch nach dem Kalten Krieg vor allem das östliche Mitteleuropa, Ost- und Südosteuropa betraf, während der alte Westen mit Ausnahme der Bundesrepublik Deutschland davon unberührt blieb. Es mag ebenso sein, daß die genannten Grenzänderungen weitgehend außerhalb der Europäischen Union erfolgten.
Diese EU würde in ihrer derzeitigen Ausrichtung eine Grenzverschiebung kaum unterstützen, weil die behauptete „Unantastbarkeit der Grenzen“ vor allem auf einer Bequemlichkeit der Politik beruht. Die EU schützt aber vor der Gewaltoption, die sicher nicht von Tiroler Seite droht. Die von interessierter Seite seit den 80er Jahren an die Wand gemalten Schreckens-szenarien eines „zweiten Belfast“, „zweiten Beirut“, oder „zweiten Sarajevo“ waren zu jedem Zeitpunkt ebenso falsch wie intellektuell unredlich. Die Tiroler wollten zu allen Zeiten nur in Frieden ihre Felder bestellen. Lediglich in der äußersten Not, wie zu Andreas Hofers Zeiten, schmiedeten sie ihre Pflugscharen zu Schwertern. Hat Italien aber keine Gewaltoption, fällt der einzig gefährliche und unwägbare Faktor der Tiroler Einigungsbestrebungen fort.
In der heutigen europapolitischen Konstellation liegt es an den Tirolern und ihrer politischen Kreativität, Vorreiter eines neuen Modells der „sanften“ Grenzveränderung innerhalb der Europäischen Union zu sein. Das festgefügte europäische Einigungswerk bietet den in der Geschichte Europas wohl einmaligen, weil sicheren rechtlichen und politischen Rahmen zur Umsetzung einer sanften Grenzberichtigung und Unrechtsbeseitigung ohne Diskriminierungen und Traumatisierungen. Die bestehende Europaregion (ohne Trentino) mit ihrer gemeinsamen Vertretung Nord- und Südtirols in Brüssel sowie den gemeinsamen Landtagen stellen bereits grenzüberschreitende regionale Rechtsbeziehungen dar, die die Grundlage des wiedervereinten Tirol als neuer staats- und völkerrechtlich anerkannter Einheit bilden können. Eine erstaunliche Dynamik in Spanien (Baskenland, Katalonien), Großbritannien (Schottland) und Belgien (Flandern) schließt jedoch nicht aus, daß die Tiroler von anderen ethnisch-historischen Gebieten in diesem Vorhaben überrundet werden.
Und tatsächlich war die Zeit nie günstiger als heute, eine neue, zukunftsfähige Tiroler Landespolitik zu betreiben, die in die Wiedervereinigung des Landes mündet. Der Druck des italienischen Staates auf die Südtiroler hat seit dem österreichischen EU-Beitritt merklich nachgelassen. Die Kraft der italienischen Sprachgruppe, sich gegen einen natürlichen historischen Prozeß zu stemmen, schwindet, wenngleich sie noch nicht gebrochen ist. Gleichzeitig wächst die Chance zur Einbindung der italienische Sprachgruppe in einen Zukunftsdialog über Tirol. Ganz Tirol ist durch eine blühende Volkswirtschaft mit weitgehender Vollbeschäftigung ökonomisch bestens bestellt. Aufgrund der Paßlage und der Sprachkenntnisse kann das wiedervereinte Tirol gemeinsam die traditionelle Rolle als Dreh- und Angelpunkt des Nord-Süd-Handels verstärken. Wiedervereint wird auch Südtirol wieder vom internationalen Tirol-Tourismus profitieren können, und Nordtirol von den landschaftlichen Besonderheiten des „deutschen Südbalkons in den Alpen“.
Die argumentative Überlegenheit in der Tirol-Frage liegt in der Hand der Tiroler. Man muß sich nur der notwendigen Diskussion stellen. Nicht mehr der italienische Nationalismus stellt die erste Hürde dar, sondern geistige Erlahmung und volkstumspolitisches Eunuchentum, das nur mehr bei geringem italienischem Widerstand handlungsbereit scheint. Seit sich die Autonomiegeneration in farbloser Gleichgültigkeit verliert, baut sich allerdings eine neue Wiedervereinigungsgeneration auf, die bereit ist zu dieser Auseinandersetzung und sich personell wie argumentativ dafür rüstet. Eine landespolitische Neuausrichtung, die nicht mehr defensiv das Heute, sondern aktiv das Morgen gestalten will, kann aller-dings nur unter Einschluß aller Kräfte des Landes stattfinden. Die Möglichkeiten dafür sind gegeben. Es ist nur eine Frage des Willens. Die historisch und kulturpolitisch für die Identität und das Erscheinungsbild des Landes vorrangige Ortsnamenfrage wird zum Lackmustest für eine Gesamttiroler Weichenstellung und die italienische Bereitschaft, vom faschistischen Erbe abzurücken.
Ein wesentliches Merkmal für die günstige Entwicklung ist das Ende des verbitterten Volkstumskampfes. In den Köpfen vor allem derjenigen, die die Selbstbestimmung ängstlich meiden, sind einige angestaubte Denkmuster zu entsorgen. Dazu gehört das überholte Stereotyp des angeblich „italienerfressenden“ Selbstbestimmungsbefürworters. Unter den verdientesten volkstumspolitischen Persönlichkeiten ragen exzellente Kenner der italienischen Sprache und Kultur hervor. Gerade die Liebe zum eigenen Volkstum befähigt auch zur Offenheit gegenüber der italienischen Kultur und zum Dialog. Die Kenntnis des italienischen Wesens und der italienischen Politik bewahrt jedoch vor falschen Illusionen, wie sie Multikulturalisten einflüstern. Heimat- und Vaterlandsliebe definieren sich nicht negativ aus der Ablehnung anderer, selbst dann nicht, wenn es sich um eine historische „Erbfeindschaft“ handelt. Sie definiert sich ihrer Natur entsprechend positiv aus Sprache, Kultur, Tradition, emotionaler Verbundenheit und Selbstachtung.
Letztere überwindet ein zweites angestaubtes Denkmuster, den Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem Italienischen. Die harte, vom faschistischen Staat ausgeübte Repression ist mental bis heute nicht ausreichend überwunden. Als Minderwertigkeitskomplex gegenüber dem italienischen Staat wie auch gegenüber Italienern insgesamt wurde sie im Unterbewußtsein, in weniger leicht erkennbarer Form als sich auch politisch artikulierende Hemmung an die jüngeren Generationen weitergegeben.
Manche meinen ängstlich, man könne den Italienern ein Leben in einem wiedervereinten Tirol und unter österreichischer Verwaltung nicht „zumuten“. Italien hingegen mutet seit 90 Jahren ohne Not seine Fremdbestimmung zu, die bis an den Rand der Auslöschung Südtirols führte. Die Überwindung dieses Unrechts wird objektiv immer ein Akt der Befreiung und der Versöhnung sein, wenn Teile der italienischen Bevölkerung es subjektiv auch anders empfinden mögen.
Außer von faschistischen Ideologen und skrupellosen nationalistischen Traumtänzern wie Ettore Tolomei und jenseits der heute geltenden EU-Freizügigkeiten, wurde nie jemand von südlich der Berner Klause eingeladen, sich in Tirol niederzulassen. Auch solche Fakten müssen klar ausgesprochen werden, um die Dinge in den richtigen historischen und politischen Kontext zu stellen. Mit gleicher Überzeugung ist jedoch auch festzuhalten, daß niemand je aufgefordert werden wird, das Land unfreiwillig zu verlassen. Dumme Parolen gegen die Italiener: „Kehrt zurück unter Salurn, wo ihr hergekommen seid“ oder gegen Deutsche und Ladiner: „Geht über den Brenner, wenn es euch nicht paßt“ als dreistes italophiles Revival faschistisch-nationalistischer Zielsetzungen, bleibt bestenfalls dem „intellektuellen Prekariat“ (Roland Tichy) überlassen. Kein Italiener wird in Tirol und Österreich je erdulden, was ganze Generationen von Tirolern unter Italien erdulden mußten. Seit dem Hochmittelalter gehörten Italiener zum Tiroler Staatsverband und wurden in jeder Hinsicht bis 1918 gleichbehandelt. Einzig der italienischen Staat hat diese alte Tiroler Tradition zertrümmert und durch seine ungebremst nationalistische Politik das Verhältnis der Volkspruppen vergiftet. Die Zukunft Tirols liegt jedoch im gedeihlichen und respektvollen Miteinander aller im Land lebenden Menschen.
Dennoch wird sich ein beträchtlicher Teil der italienischen Sprachgruppe in Südtirol kaum für die Einheit Tirols begeistern können. Das ist auch nicht der entscheidende Punkt. Der italienische Staat wäre ohnehin bereit, für den Erhalt Südtirols bei Italien die italienische Sprachgruppe im Land aufzugeben.
Jede Seite hat für eine umfassende und zukunftsträchtige Versöhnung eine Vorleistung zu erbringen. Die Tiroler haben die Existenz einer italienischen Sprachgruppe im Land zu akzeptieren (was längst der Fall ist). Die Italiener die Wiedervereinigung Tirols. Für diese Mentalitätserweiterung kann den Italienern das Wort des liberalen italienischen Ministerpräsidenten Luigi Luzzatti behilflich sein. Luzzatti erklärte 1920 den Tirolern: „Ich bin voll und ganz für die Autonomie Südtirols. Was sollen eure Abgeordneten hier im römischen Parlament? Sie mögen ruhig daheim bleiben. Ihr sollt eure Angelegenheiten selbst verwalten, so wie die Schweizer in ihren Kantonen ihr eigenes Leben führen. Wenn die Menschheit nicht ganz vertiert ist, wenn der Geist friedlicher Eintracht bei den europäischen Völkern einzieht, dann wird der Tag kommen, wo ihr zu eurer Nation zurückkehren könnt.“
Einer neuen, vielversprechend in Volksgruppenorganisationen heranwachsenden Südtiroler Politikergeneration, die sich die Sprachfähigkeit in der Tirol-Frage erhalten oder neu gewonnen hat, kommt die entscheidende Aufgabe zu, einen Paradigmenwechsel in der Südtirol-Politik einzuleiten. Ihr kommt es zu, eine neue, direkte Kommunikation mit Nordtirol und Wien, mit der italienischen Sprachgruppe in Südtirol, mit Trient, Rom und mit Brüssel aufzubauen.
Politik definiert sich häufig am wirkmächtigsten durch Bilder und Symbole. Auch für das wiederzuvereinende Tirol ist eine neue „politische Identität durch Bilder zu erzeugen“ (Götz Kubitschek). Einen geeigneten und vielversprechenden Ansatz stellt die aussagekräftige, an der Brennergrenze aufgestellte Tafel „Südtirol ist nicht Italien“ dar. Allein die rabiaten Reaktionen (Überwachung durch italienische Polizeiorgane, giftige Berichte italienischer Medien, hitzige Internetkampagnen, Beschmierungs- und Zerstörungsaktionen durch italienische Rechts- und deutsche Linksextremisten, antipatriotische und antideutsche Pöbeleien), aber auch das aufgeschreckte Geflatter behäbiger Status-quo-Politiker auf Süd- wie Nordtiroler Seite belegen, wie gekonnt die Aktion den eigentlichen Nerv der Sache getroffen hat.
Vor dem Hintergrund der eigenen italienischen Einigungsgeschichte erwartet man sich in Rom illusionslos von den Tirolern, daß sie (früher oder später) die Lostrennung von Italien anstreben werden, wobei man das „später“ natürlich nach Kräften zu fördern versucht.
Einige aktuelle Zahlen sollen genügen, um den befreienden Akt der Landeseinheit und die Rückgewinnung bürgerlicher Freiheiten zu verdeutlichen: Die Polizeipräsenz in Südtirol ist (auch im Jahr 2009) drei Mal so hoch wie im freien Teil Tirols. In Südtirol finden drei Mal so viele Finanzkontrollen statt wie in Italien. In der Lombardei, der wirtschaftlich bedeutendsten Region Italiens, findet jährlich auf je 3362 Einwohner eine Finanzkontrolle statt, in Südtirol auf je 737 Einwohner.
Wirtschaftlich schließen sich zwei gleichwertige Landesteile zusammen, die sich durch soziale Sicherheit, Wohlstand, Rechtssicherheit und eine funktionierende Verwaltung auszeichnen. Südtirol hat durch die Befreiung von der Fußfessel eines notorisch maroden Staates mit hoher Korruptionsrate, Kriminalität und Rechtsunsicherheit zu profitieren. Jeder Landesteil kann beachtliche Leistungen in die neue Einheit mit einbringen. Das fehlende Sozialgefälle, wie es zwischen Westdeutschland und der sowjetischen Besatzungszone bestand oder die Startschwierigkeiten für die wirtschaftlich schwächere Slowakei nach ihrer Trennung von Tschechien (1994) oder Ungarns von Österreich (1867), wird das Zusammenwachsen erheblich erleichtern.

Zukunftsmodell Tirol

Wie kann die Lösung der Tirol-Frage aussehen? Selbst die Befürworter des Selbstbestimmungsrechtes haben sich klugerweise noch nicht auf eine bestimmte Variante zu dessen Umsetzung festgelegt. Diskutiert wird vor allem die Wiedervereinigung Tirols unter Österreich oder ein Freistaat mit einem souveränen Südtirol.
In der Tirol-Frage wird realpolitisch letztlich jener natürliche und logische Weg beschritten werden, der bereits 1990 in der Deutschen Frage gegangen wurde. Dort diskutierte man auch verschiedenste Varianten abgestufter Wiedervereinigungspläne, die von der Aufrechterhaltung der Zweistaatlichkeit über einen Staatenbund bis zum Bundesstaat reichten. Die deutsche Wiedervereinigung erfolgte schließlich sogar ohne direkte Volksabstimmung, da der Volkswille („Wir sind das Volk“) so offensichtlich war. Ähnliches ist auch in Tirol denkbar. Zwischenstufen der Souveränitätsverschiebung werden sich als akademische Gedankenspiele erweisen, denn letztlich ist die Wiedereingliederung des südlichen Landes-teils in das Land Tirol und damit die Rückkehr zu Österreich der natürliche und logische Weg.

Tirol Sprachkarte
Tirols Sprachgebiete 2009


Die Frage gilt also weniger dem Weg, als vielmehr dem Modell, das für das wiedervereinigte Tirol tragend sein könnte. In der nahen Schweiz, mit der gleichen alpinen Landschaft und einem vergleichbaren Menschenschlag findet sich das noch immer zu wenig beachtete Modell, das modifiziert zur Grundlage eines zukunftsträchtigen Tiroler Volksgruppenausgleichs werden kann. Die selbstbewußten Schweizer haben auf föderalistischer Basis ein Modell für ein historisch plurinationales Staatswesen geschaffen, das seit 160 Jahren erprobten Bestand hat. Für Tirol besonders interessant ist der benachtbarte Kanton Graubünden, der von denselben drei Volks- und Sprachgruppen bewohnt wird.
Österreich gründet wie die Schweiz als Bundesstaat auf dem Föderalismus, einer spezifisch deutschen Form politischer und staatsrechtlicher Organisation nach dem Subsidiaritätsprinzip. Italien bildet dagegen nach wie vor einen typisch romanischen Zentralstaat, in dem neuerdings zwar ausgiebig über eine Föderalisierung debattiert wird, über dessen Bedeutung und Inhalte man aber recht nebulöse Vorstellungen hegt. Und selbst bei den Befürwortern sollte eine Föderalisierung Italiens abseits aller historischen Länder zur Zusammenfassung Norditaliens in nur mehr ein oder höchstens zwei Großregionen führen (von denen auch Südtirol geschluckt würde).
Im Gegensatz zur Schweiz von 1848 hat Tirol heute nur einen ethnischen Ausgleich sicherzustellen, der auf der Grundlage von Sprachgebieten nach dem erfolgreichen Schweizer Modell realisiert werden kann. Tirol wäre auf ethnisch-historischer Grundlage in Sprachgebiete zu unterteilen. Die fünf Dolomitentäler rund um den Sellastock bilden das ladinische Sprachgebiet, Nord- und Osttirol sowie das übrige Südtirol bilden das deutsche Sprachgebiet.
Gemeinden, in denen zumindest zwei der anerkannten Ethnien mehr als 20 Prozent der Ortsbevölkerung stellen, gelten als mehrsprachig. Über die Höhe des Anteils kann man trefflich streiten. Allgemein ist man sich einig, daß sie jedenfalls so hoch sein muß, um ein funktionierendes Gemeinschaftsleben einer Ethnie gewährleisten zu können. In der Schweiz wird daher in der Regel eine Mindeststärke von 30 Prozent verlangt. Die mehrsprachigen Gemeinden sind im Gegensatz zu den Sprachgebieten variabel, sofern eine Volkszählung eine deutliche Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung ergeben sollte.
Die nicht veränderbaren Sprachgebiete und die veränderbaren mehrsprachigen Sprachzonen bieten den jeweiligen Sprachgruppen Schutz und Sicherheit vor eventuellen Assimilierungsbestrebungen und sichern damit den ethnischen Frieden.
Auf Landesebene hätten Angehörige aller drei Ethnien, unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke und ihrem Wohnort, das Recht mit allen Behörden in ihrer Muttersprache zu verkehren.
Auf Gemeindeebene verkehren die Kommunen mit ihren Bürgern in der jeweilig ortsüblichen Sprache. Die 371 einsprachig deutschen Gemeinden verkehren mit ihren Bürgern in deutscher Sprache, die 17 einsprachig ladinischen Ge-meinden in ladinischer Sprache. Von den 17 zweisprachigen Gemeinden im südlichen Tirol würden laut Volkszählung 2001 16 Gemeinden, in deutscher und italienischer Sprache verkehren (u.a. Bozen, Meran, Neumarkt). Die ladinische Olympiagemeinde Hayden (Anpezo) in ladinischer und italienischer Sprache. [16] Wobei die Reihung der Sprache nach deren Stärke erfolgt: in Bozen also das Italienische Vorrang vor dem Deutschen hätte, in Meran das Deutsche vor dem Italienischen.
Dieses Prinzip der Ein- oder Mehrsprachigkeit würde nach Schweizer Modell konsequente Anwendung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens finden, von der Schule bis zu den Ortsnamen.
In der Ortsnamenfrage fordert Tirol, was Italien seiner französischsprachigen Region Aostatal längst gewährt hat: die Tilgung aller erfundenen und während der Faschistenzeit ein-geführten pseudoitalienischen Ortsnamen und die Wiedereinsetzung der historischen Ortsnamen. Alle historisch faßbaren deutschen, ladinischen und italienischen Ortsnamen werden als landesüblich in ein Verzeichnis eingetragen. Einziges Kriterium für den amtlichen Gebrauch (Ortstafeln, Amtspapier, Amts- und Poststempel) ist die durch Volkszählung ermittelte ortsansässige Bevölkerung. Wo eine Sprachgruppe mehr als 20 Prozent der Ortsbevölkerung stellt und ein historischer Ortsname in ihrer Sprache überliefert ist, erhält dieser amtliche Gültigkeit. In deutschen Gemeinden finden sich die deutschen Namen auf den Gemeinde- und Ortstafeln: Glurns, Telfs, Sand in Taufers, Schwaz, Eppan. In den ladinischen Gemeinden die ladinischen Namen: Urtijei, San Martin de Tor, Fodom, Vich. In zweisprachigen Gemeinden werden, nach Stärkenverhältnis gereiht, die jeweils historischen Ortsnamen Verwendung finden: Bolzano – Bozen, Meran – Merano, Neumarkt – Egna, Salorno – Salurn.
Im gesamten privaten Bereich, einschließlich der Wirtschaft und des Fremdenverkehrs, ist jeder frei, die Sprache und die Namen zu verwenden, die ihm belieben. Die Deutschtiroler werden weiterhin von St. Ulrich und Wolkenstein für das ladinische Gebiet sprechen, die Ladiner von Persenon und Bulsan für Brixen und Bozen und die Italiener weiterhin wahrscheinlich einen Teil der erfundenen Namen des Ettore Tolomei gebrauchen.
Das geeinte Tirol als historisch-geographische Einheit, mit seinen 1,2 Millionen Einwohnern kann besser auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren. Angefangen mit einer einheitlichen Verkehrs-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik für den wichtigsten Alpenübergangsraum [17], ohne die heute so schwerfällige Doppelgleisigkeit zweier Staaten und zweier Länder, die unterschiedliche Maßstäbe für zwei identische Teile desselben Ganzen diesseits wie jenseits einer künstlichen Grenze anlegt (Transit, Brennerbasistunnel, öffentlicher Nahverkehr, erneuerbare Energie, Lebenshaltungskosten, Betriebsansiedlung, Wasserreserven). Ein geeintes Tirol ermöglicht ein kraftvolles Auftreten und eine einheitliche Interessenvertretung gegenüber Wien und Brüssel. Mit Italien, das dem Alpenraum immer fern war, gilt es gut nachbarliche Be-ziehungen zu pflegen, ohne jedoch länger den Entscheidungen Roms und damit dem landesfremden Fernstenprinzip unterworfen zu sein.
In einem geeinten Tirol können eine Reihe von Institutionen und Infrastrukturen (als Prestigeprojekte heute von teils zweifelhaftem Nutzen aber überproportionalen Kosten) einen neuen Rahmen finden, der ihnen – wenn schon – mehr entspricht. Dazu zählt zum Beispiel die Freie Universität Bozen. Das historische Tirol verfügt mit der Tiroler Landesuniversität in Innsbruck und der italienischen Universität von Trient über zwei voll ausgebaute Universitäten. Die Errichtung einer eigenen Universität in Südtirol war zu keinem Zeitpunkt von mehr als einer Handvoll Politikern und eigennützig Interessierten betrieben worden. Daran haben weder die Zeit noch die selbstbezahlte Eigenwerbung in den Medien etwas ändern können. Der finanziell untragbare Luxus doppelter Rektorate, doppelter Fakultäten, doppelten Verwaltungsaufwands kann in einem geeinten Tirol durch die sinnvolle Zusammenlegung mit der Landesuniversität Innsbruck unter einem Rektorat und einer entsprechenden Optimierung durch Neuordnung von Fakultäten, Studiengängen, Lehrstühlen und Forschungs-projekten reorganisiert und gestärkt werden. Die Neuorganisation durch Qualitätsmanagement hilft dem Steuerzahler und entlastet die Landeskassen, setzt aber auch durch Beseitigung von Doppelungen bei gleichzeitiger Beibehaltung und Förde-rung von Innovativem und der Nutzung dezentraler Infrastrukturen, die neben Innsbruck auch Bozen, Brixen und an-dere Orte einbinden, starke Synergien frei. Überlegungen, in die auch die Europäische Akademie Bozen (Eurac) mit einzubeziehen ist.
Als weitere Beispiele könnten im südlichen Landesteil das Museum für moderne Kunst, das Südtiroler Fahrsicherheitszentrum und der Flughafen Bozen genannt werden.

Vorstufen zur Landeseinheit

Bis zur Verwirklichung der Landeseinheit können in beiden Landesteilen bereits in gemeinsamer, einvernehmlicher Absprache eine Reihe von Schritten als Vorstufen dazu gesetzt werden. Einige Stichworte sollen hier genannt werden.

Namen machen Orte erst benennbar und wirken identitätsstiftend für ein Gebiet, das sie einem Sprach- und Kulturraum zuordenbar machen.

Tirol/Südtirol
Im Sprachgebrauch ist die passive Abgrenzung gegenüber Italien durch eine aktive, zukunftsgewandte Zusammengehörigkeit zu ersetzen. Doppelgleisigkeiten und Auflistungen wie Tirol – Südtirol, als handle es sich um zwei verschiedene Länder und nicht nur um zwei unterschiedliche, durch Druck aufgezwungene Realitäten ein und desselben Landes, gebären sprachliche Unregelmäßigkeiten (wie „Wir Südtiroler – Ihr Tiroler“ und umgekehrt), die das „Wir“-Gefühl modifizieren. Die Verbotspolitik Italiens zwingt bis heute zu sprachakrobatischen Doppelungen Tirols beginnend bei getrennten amtliche Landesnamen (aber auch verschiedene Landeswappen). Seit Inkrafttreten der Autonomie entwickelte sich daraus manch überflüssiger Selbstläufer, der statt Nutzen zu bringen, neue Barrieren in den Köpfen zwischen Nord und Süd errichtet hat. Statt der penetranten Betonung von Südtirol und Südtiroler als einschränkender Partikulardefinition, die letztlich bloß einer geographischen Angabe entspricht, sollte vielmehr konsequent und zutreffend von Tirol und Tirolern gesprochen werden, um das Gemeinsame zu fördern.

Südtirol/Osttirol
Die Bezeichnung Osttirol sollte aufgegeben werden. Sie entstand aus der Notsituation heraus, daß die Teilung den bei Österreich verbliebenen Teil Tirols in zwei unzusammenhängende Teile zerriß. Wegen der schwerfälligen Doppelbezeichnung Nord- und Osttirol, werden die Osttiroler ohnehin häufig „vergessen“, so wie ihre Isolation sie lange wirtschaftlich benachteiligte. Bis zur Teilung wurde geographisch nur von Nordtirol und Südtirol gesprochen. Nordtirol umfaßte das gesamte nördlich des Alpenhauptkammes gelegene Gebiet, Südtirol das gesamte südlich davon gelegene, einschließlich der an Kärnten und Salzburg grenzenden Bezirkshauptmannschaft Lienz und der Gemeinde Nauders im obersten Vinschgau. Auch Lienzer, Sillianer und Kalser sind Südtiroler. Die namentliche Wiedereinbindung erneuert jene historische Einheit des Gebiets, die auf wirtschaftlicher Ebene durch Südtiroler Investitionen zum allgemeinen Nutzen bereits erfreulich fortgeschritten ist.

Tirol ladin – ladinisches Tirol
Wiedervereinigung des seit 1923 geteilten ladinischen Tirol durch die Rückkehr der ladinischen Täler Buchenstein (Fodom) und Hayden (Anpezo) von der italienischen Provinz Belluno und des Fassatals (Val de Fasha) von der italieni-schen Provinz Trient zu Südtirol. Ausdehnung der geltenden Schutzbestimmungen für die Ladiner auf das gesamte ladinische Tirol und Ausbau derselben im Zuge des Tiroler Volks-gruppenausgleichs nach dem Zukunftsmodell Tirol.

Tirolo del Sud/Sudtirolo
Die geschichtsfälschende Erfindung „Alto Adige“ (1810-1813 als napoleonischer Kunstbegriff für das heutige Trentino in Gebrauch), die untrennbar mit dem üblen imperialistischen Geist Ettore Tolomeis verbunden bleibt, der ihn 1906 einfach auf das deutsche und ladinische Südtirol übertrug, sollte auch im italienischen Gebrauch schrittweise aber konsequent durch den wohlklingenden, historischen Landesnamen Tirol ersetzt werden. Nur so kannte man das Land im Gebirge bis 1918 auch in Italien. Dafür eignen sich die korrekten Bezeichnungen Tirolo del Sud oder auch der Germanismus Sudtirolo. Amtliche Gültigkeit hat die Häßlichkeit „Alto Adige“ ohnehin nur als italienische Bezeichnung der Region Trentino-Südtirol. Das Land Südtirol heißt amtlich auf italienisch „Provincia Autonoma di Bolzano“ und einzig so wird sie von allen Organen des italienischen Staates (Ministerien, Regierungskommissariat, Quästur usw.) bezeichnet. Die durchgehende Hinzufügung von „Alto Adige“ ist lediglich eine überflüssige Dienstbeflissenheit irgendwelcher Beamter der Südtiroler Landesverwaltung, weshalb sie auch jederzeit abgestellt werden und auch abgestellt werden sollte.
Wer durch Italien reist, kann feststellen, daß dort kaum jemand mehr dessen Verwendung verlangt. Umso naheliegender wäre es, daß Südtirols Wirtschaft gleiches täte und Südtirols Speck und Milchprodukte auf dem italienischen Markt nicht mehr unter dem faschistischen Signet „Alto Adige“ vertreiben würde.

Ortsnamen
Ortsnamen wurden von vielen Nationalismen und Diktaturen politisch instrumentalisiert. So betrieb auch der italienische Faschismus seine Entnationalisierungspolitik gegen Deutsche, Ladiner, Franzosen, Slowenen und Kroaten mit erfundenen Ortsnamen. Im französischsprachigen Aostatal wurden 1945/46 ausnahmslos alle faschistischen Ortsnamen gestrichen und wieder durch die amtliche historische französische Einnamigkeit ersetzt. Im Sinne des Gleichbehandlungsprinzips fordert auch Südtirol gleiches Recht. Die faschistischen Ortsnamendekrete sind durch den Südtiroler Landtag ohne Wenn und Aber abzuschaffen. Viel Handlungsbedarf gibt es bei den kartographischen Instituten und Verlagen, bei den Verkehrsnavigationsanbietern oder Google Earth, damit sie die pseudoitalienischen Ortsnamen ersatzlos streichen.

Nur wer eingebunden ist und mitentscheiden kann, entwickelt Verantwortungsbewußtsein für die gemeinsame Heimat und das gemeinsame Vaterland.

Staatsbürgerschaft

Das Staatsbürgerschaftsrecht schafft Integration oder Separation. Staatsrechtlich gelten Österreicher und Bundesdeutsche in Südtirol als Ausländer, Südtiroler in Österreich. Im Sinne einer gezielten und vernünftigen Doppelstaatsbürgerschaft sollte Österreich die Staatsbürgerschaft allen Südtirolern (Deutschen und Ladinern) verleihen, die sie beantragen. Die Südtiroler könnten damit an den österreichischen Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen teilnehmen und die Zukunft des gemeinsamen Vaterlandes mitgestalten. Der Landeswahlkreis Tirol sollte auf Südtirol ausgedehnt werden und die Südtiroler mittels Wahlkarte oder Briefwahl wählen können. In Wien sollten von Bundespräsident, Regierung und Parlament alle Südtiroler Volksgruppenparteien angehört und in einen konstruktiven Dialog eingebunden werden.

Tiroler Heimatrecht
Unterhalb der Staatsbürgerschaftsebene sollte ein Tiroler Heimatrecht eingeführt werden, das in allen Tiroler Landesteilen gleichermaßen uneingeschränkt Geltung entfaltet. An diese Heimatbürgerschaft ist der Zugang zu einer Reihe von Dienst- und Sozialleistungen gebunden. Damit stärkt sich das Land Tirol seine Gliedstaatssouveränität als Gegengewicht zur Aushöhlung des Staatsbürgerschaftsrechts durch die Eurokratie und Massenzuwanderung.

Wirtschaft
Tirol ist eine historisch gewachsene Größe, die sich als Ein-heit auch in beachtlichen wirtschaftlichen Kategorien definiert. Tirol erwirtschaftet ein Bruttoinlandsprodukt, das größer ist als das von sieben EU-Mitgliedsstaaten. Alle Tiroler Landesteile sind durch Arbeitsethik und Fleiß blühende Landschaften. Zusammengenommen ergäbe sich auch wirtschaftlich wieder jene natürliche Einheit und gegenseitige Ergänzung, die durch Zwang verlorengegangen ist. Das gilt im besonderen für die geteilten Talschaften Vinschgau, Wipptal und Pustertal. Die gebündelte Tiroler Wirtschaftskompetenz stellt auch in der EU eine starke Kraft dar und garantiert Sicherheit, Wohlstand und Stabilität. Jeder Landesteil hat Herzeigbares und Geleistetes in die Einheit einzubringen.
Die Entwicklung und Vermarktung von Tiroler Waren und Dienstleistungen können auf dem internationalen Markt unter einer gemeinsamen Dachmarke als unverwechselbarem corporate identity des Tiroler Raums und seiner Produkte beworben werden. Die weltbekannte Dachmarke „Tirol“ mit ihrem hohen Marktwert würde durch die Landeseinheit alle Produkte und Dienstleistungen des Landes repräsentieren, wodurch auch die Südtiroler Produkte endlich wieder davon profitieren könnten.
Tirol ist international ein klar identifizierbarer und lokalisier-barer Begriff. Entsprechend hat Nordtirol Anteil an internationalen Touristenströmen von Japan, Rußland, den arabischen Golfstaaten bis in die USA, während Südtirol abseits davon liegt. Wer Österreich besucht, will neben Wien und Salzburg auch Tirol mit Innsbruck sehen. Wer Italien besucht, will auch Italien sehen und hält sich in Rom, Florenz und Venedig auf, aber nicht in Bozen und Südtirol.

Sport
Der Sport stellt in den westeuropäischen Staaten eines der wenigen, zugestandenen Ventile nationaler Begeisterungsbekundungen dar. Die Südtiroler Sportler müssen die Uniform italienischer Polizei- und Militäreinheiten tragen und bei Wettkämpfen unter der italienischen Fahne antreten, um in den Genuß der notwendigen Trainingsmöglichkeiten und Sportförderungen zu kommen. Der Sport führt so zum Schwingen der falschen Fahne, zum Strammstehen bei der falschen Hymne und schließlich zur Identifikation mit dem falschen Staat. Damit sich Südtirols sportbegeisterte Jugend nicht länger als Aushängeschild des italienischen Nationalstolzes mißbrauchen lassen muß, braucht es auch ein sportliches „Los von Rom“. Dafür sollte Österreich seine Sportförderung, Trainingsmöglichkeiten und Nationalkader für alle Tiroler öffnen. Damit werden Südtirols Sportlern neue Wege geöffnet und österreichischen Trainern und Sportclubs die Möglichkeit geboten, auch in Südtirol über Sportvereine und das Sportgymnasium sportliche Talente anzuwerben. Genauso könnten Südtiroler Sportvereine in österreichische Meisterschaften eingebunden werden, nachdem bereits ungarische und slowakische Clubs bei den österreichischen Eishockeymeisterschaften mitspielen.

Medien
Der südliche Landesteil ist von wenigen Medien geprägt. Gemäß dem vorherrschenden Kanon politischer Korrektheit gibt es in Südtirol kein relevantes Medium, das die Selbstbestimmungsforderung unterstützt. Öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen sind ein Ableger des staatlichen italienischen Rundfunks und damit per se im Gegensatz zur Tiroler Wiedervereinigung. In den Tages- und Wochenzeitungen sucht man meist vergebens nach Kolumnen und Kommentaren für die Einheit Tirols, muß aber immer wieder triviale, teils hochpeinliche Kommentare gegen die Landeseinheit lesen. Der Mangel an Gesamttiroler Medien, die in den Alltäglichkeiten der Menschen die Gemeinsamkeiten sichtbar machen und damit automatisch Begriffe und Selbstverständnis der Menschen prägen und zu Stichwortgebern eines gemeinsamen Landesbewußtsein werden, ist deutlich spürbar.

Die Phase der Doppelungen ist durch gemeinsame Einrichtungen abzulösen. Gemeinsame Verantwortlichkeit überwin-det die Horizontverengung auf den jeweiligen Landesteil.

Kulturelle Initiativen
Die Universitäten und die Europäische Akademie in Bozen wurden bereits erwähnt. Die Verwaltung der Landesmuseen ganz Tirols könnte einer gemeinsamen Landesstiftung übertragen werden, die auch die Tiroler Landesausstellungen auszurichten hätte. Die administrative Zusammenfassung und gemeinsame Ausrichtung kann auf sinnvolle Weise der Qualitätshebung und -sicherung dienen, der Entfaltung von Synergien und der Freisetzung finanzieller Ressourcen; vor allem aber der Darstellung der gemeinsamen Geschichte, Tradition, sowie des Kunst- und Kulturschaffens.

Hoheitszeichen
Vereinheitlichung der Hoheitszeichen des Bundeslandes Tirol und der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol. Die allen Tiroler Landesteilen gemeinsame weiß-rote Tiroler Fahne bildet ein zentrales identitätsstiftendes Hoheitszeichen, ebenso die grün-weiße Schützenfahne. Erst 1982 erlaubte Rom Südtirol wieder den roten Tiroler Adler als Landeswappen zu führen, verlangte jedoch, daß sich das Wappen von jenem des Bundeslandes Tirol unterscheiden müsse. Ohne vorab einer Wappenvariante den Vorzug zu geben, sollte ein gemeinsames Tiroler Adlerwappen als einheitliches Staatssymbol beschlossen werden. Die Tiroler Landeshymne „Zu Mantua in Banden“, eine der schönsten des deutschen Sprachraums, hat gemäß Innsbrucker Landtagsbeschluß bereits heute Gültigkeit für ganz Tirol. Dennoch sollte sie auch vom Südtiroler (Teil-)Landtag als Hymne formalisiert werden. Sie besingt authen-tisch das heldenhafte wie tragische Schicksal Andreas Hofers und Tirols in den Befreiungskriegen.

Vereine und Parteien
Tirol ist in seinem sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Gefüge in allen Landesteilen einheitlich. Es gibt dieselben kapillaren Vereinsnetze, dieselben Verbände, von traditionsreichen und traditionsbewußten Organisationen bis zu neueren Gründungen und Initiativen.
Die organisatorische Parallelität hat sich als schwerfällig und langfristig unzureichend erwiesen, im Alltag dem zentrifugalen Auseinanderstreben unterschiedlicher Rechtssysteme entgegenzuwirken. Vor allem der Mangel an Gesamttiroler Parteien erweist sich in einer repräsentativen Parteiendemokratie als großer Mangel, der 1918 durch das italienische Militär erzwungen worden ist. Deshalb sollten sich Parteien und Verbände eine einheitliche Organisationsform mit einheitlichen Gremien geben, gemeinsam tagen und entscheiden. Die reduktiven „Ihr“ und „Wir“-Empfindungen können durch die Kenntnis der jeweiligen Probleme und Befindlichkeiten der einen und der anderen durch eine neue Tiroler Sensibilität in einem gemeinsamen „Wir“-Gefühl überwunden werden mit dem klaren und dynamischen Ziel, die politische Landeseinheit in Europa zu erreichen.

Verwaltungsangleichung
Bereits als Vorstufe zur Landeseinheit sind Verwaltungsangleichungen zwischen den getrennten Landesteilen möglich. Damit können vor allem für die Bürger wichtige Teile der alltäglichen Bürokratie auf Gemeinde- und Landesebene vereinheitlicht werden bis hin zur Schaffung gemeinsamer Verwaltungseinheiten auf Bezirksebene (Bezirkshauptmannschaften/Bezirksgemeinschaften) z.B. mit der Wiedereingliederung von Nauders in den Vinschgau und die Zusammenführung der Bezirkshauptmannschaft Lienz und dem übrigen Oberpustertal. Noch vorhandene unterschiedliche Rechtssysteme müssen dabei kein Hindernis sein. Bedarfsorientierte Verwaltungssoftware kann problemlos noch unterschiedliche Rechtsordnungen bewältigen.

Post/Dienstleistungen
Zusammenlegung und Vereinheitlichung von Dienstleistun-gen des öffentlichen Interesses. Im öffentlichen Nahverkehr bei Bus und Bahn durch die Übernahme der Dienstleistungen in Südtirol durch staatliche österreichische Unternehmen bzw. die Schaffung eigener Tiroler Gesellschaften. Ebenso die Übernahme des Postdienstes in Südtirol durch die Österreichische Post, wie von Erwin Zangerl, Postgewerkschafter und nunmehriger Präsident der Arbeiterkammer Tirol bereits Ende 2007 vorgeschlagen.

Gesundheitsregion Tirol, Tiroler Landessozialplan, Landeswasserplan
Bereits heute können von den beiden Landesregierungen in Innsbruck und Bozen ganz Tirol umfassende Planungen vorgenommen und z.B. ein gemeinsamer Landessozialplan, Landeswasserplan oder eine einheitliche Gesundheitsregion entwickelt werden.
Der Gesundheitsbereich z.B. umfaßt den kostenintensivsten Posten der Landeshaushalte nördlich wie südlich des Brenners. In Südtirol erfolgte zur Effizienzsteigerung, aber auch zur Kosteneinsparung zunächst die Zusammenfassung aller Krankenhäuser und Gesundheitsdienste in vier Sanitätseinheiten. Wegen der Kostenexplosion wurden sie dann zu einer einzigen Verwaltungseinheit zusammengeschlossen. Als nächsten logischen Schritt ergäbe sich die Schaffung einer einheitlichen Tiroler Gesundheitsregion. Damit würden auch die letzten Hürden für die gegenseitige Nutzung der teils hervorragenden medizinischen Einrichtungen und des exzellenten Fachpersonals überwunden. Sillianer, Abfaltersbacher und Kartitscher sollen in das nähergelegene Krankenhaus Innichen können statt nach Lienz müssen. Die ladinischen Haydner nützen bereits heute diese Möglichkeit, weil die Einrichtungen in der Provinz Belluno dürftig und zu weit entfernt sind.
Der Gedankengang ist konsequent weiterzudenken: Errichtung eines gemeinsamen Landesrettungsdienstes, Zusammenlegung und Koordinierung der Flug- und Bergrettungsdienste. Gleiches ist für das Krankenkassen- und Sozialversicherungswesen denkbar, ebenso das Bankwesen. Gesellschaften mit Landesbeteiligungen sollten gesamttirolerisch ausgeweitet werden.

Die Zeichen der Zeit weisen einen deutlichen Weg: Es ist der Zeitpunkt gekommen und es besteht die realistische Möglichkeit, das 1918 vom Ungeist des Imperialismus geschaffene Unrecht wieder gutzumachen und die vom italienischen Nationalismus geschlagene Wunde zu schließen sowie die Versöhnung in einer gemeinsamen Anstrengung zur Wiedererrichtung eines geeinten Tirols als Zeichen der historischen Gerechtigkeit zu besiegeln. Indem ein Tirol geschaffen wird, das tatkräftig in seinem wiedergewonnenen natürlichen Rahmen auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren kann und allen im Land lebenden Menschen aller drei historischen Sprachgruppen eine lebenswerte, menschenwürdige und sichere Heimat ist. Die Verwirklichung dieses einzigartigen Zieles fällt weitblickenden, volksnahen und heimatbewußten Verantwortungsträgern zu, die die Fähigkeit haben, die bereits zu lange anhaltende Erstarrung aufzubrechen und durch die Verwirklichung von Freiheit und Gerechtigkeit in neuen Ideen zu überwinden.

Die Europäische Union und Schengen garantieren, daß Südtirol heute alle Kontakte, die es mit Italien haben will, auch pflegen kann. Politisch geht es aber darum, endlich jene “Kontakte” auszuschließen, die Südtirol nicht haben will, und den italienischen Staat und dessen Einfluß unter die Linie von Salurn zu verbannen.

„Keine Macht der Erde kann einem Volk die Selbstbestimmung auf die Dauer vorenthalten, auch Italien den Südtirolern nicht, aber wollen und verlangen muß man sie“ Felix Ermacora



Ganz Tirol in Zahlen

Fläche 20.731 qkm [18]
Bevölkerung (2007) 1.215.826 Einwohner
Gemeinden 405
382 Gemeinden mit deutscher Bevölkerungsmehrheit
18 Gemeinden mit ladinischer Bevölkerungsmehrheit
5 Gemeinden mit italienischer Bevölkerungsmehrheit
BIP (2006) 37.300 Mio Euro
BIP je Einwohner (2006) 31.458 Euro
Beschäftigte (2001):
68,0 Prozent Dienstleistung
26,3 Prozent Industrie
5,7  Prozent Landwirtschaft
Arbeitslosigkeit (2007) 4,1 Prozent
Tourismus (2005/2006) 68.100.000 Übernachtungen
34.518 Fremdenverkehrsbetriebe
Landwirtschaft (2003) 43.870 Bauernhöfen
Produzierendes Gewerbe
und Industrie
(2004) 16.288 Unternehmen
27 mit mehr als 500 Arbeitskräften
Wasserkraft 4.517,8 GWh
Gymnasien/Oberschulen 223
Universitäten/Hochschulen 5


[1] Generaldirektor des Industrieunternehmens Durst AG, 1994–2001 Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes.

[2] Seit 1994 SVP-Kammerabgeordneter im italienischen Parlament.

[3] Geb. 1917 in Brixen, gest. 2004 in Innsbruck; 1957–1985 Leiterin der Südtirol-Abteilung „Referat S“ der Tiroler Landesregierung

[4] 1972–1992 SVP-Kammerabgeordneter im italienischen Parlament

[5] „Bauern und Rentner als letzte Fans“, in: Dolomiten v. 29.10.2008

[6] 1986–2006 Leiter der Südtirol-Abteilung „Referat S“ der Tiroler Landesregierung

[7] Dolomiten v. 26.09.2008

[8] Südtiroler Sprachbarometer 2004, hg. v. Landesinstitut für Statistik, Bozen 2005, S. 25

[9] Dolomiten v. 01.09.2008

[10] „Das Unbehagen in Nachbars Stube“, in: Dolomiten v. 26.09.2008 über eine Meinungsumfrage des Instituts Market, Linz

[11] Südtiroler Sprachbarometer 2004, Bozen 2005, S. 140f

[12] 2004 äußerten sich 55,6 Prozent der in Südtirol lebenden Italiener negativ über den ethnischen Proporz als Instrument des Volksgruppenausgleichs, 44,4 Prozent positiv. Im selben Jahr sprachen sich 47,2 Prozent für die Abschaffung der Zweisprachigkeitspflicht im öffentlichen Dienst aus, 52,8 Prozent für dessen Beibehaltung. Südtiroler Sprachbarometer 2004, Bozen 2005, S. 183, 95

[13] „Jeder fünfte Italiener will Freistaat“, in: Dolomiten v. 10.10.2008 über eine Umfrage des Instituts für Sozialforschung und Demoskopie Apollis, Bozen

[14] Dolomiten v. 15.10.2008

[15] http://www.senato.it/leg/16/BGT/Schede/Ddliter/29841.htm

[16] In den nicht mehr zu Südtirol gehörenden ladinischen Tälern finden seit 1918 keine offiziellen Sprachgruppenerhebungen mehr statt, weshalb nur Schätzungen vorliegen.

[17] Mit 50 Mio Tonnen hat allein die Tiroler Brennerlinie einen Anteil von rund 20 Prozent am gesamten alpenquerenden Güterverkehr.

[18] Bundesland Tirol, Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Fassatal, Buchenstein und Hayden


Ausgewählte weiterführende Literatur:

Ebner Michl (Hg.): Weil das Land sich ändern muß, Bozen 2006

Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino, Hg. Wirtschaftskammer Tirol, Handelskammer Bozen, Handelskammer Trient, Bozen 2005

Eurostat, Luxemburg

Heraud Guy/Kimminich Otto/Ermacora Felix u.a.: Süd-Tirol – Weg in die Zukunft, Hg. Europa-Union Tirol, Bozen 1985

Landesinstitut für Statisitk, Bozen

Landesstatistik Tirol, Innsbruck

Pernthaler Peter: Die Zukunft der Tiroler Identität in Tirol, Vortrag für die Europa-Union Tirol am 23.11.2003

Pfannenberger Werner: Tirol im Vergleich, Hg. Europa-Union Tirol, Bozen 1995

Piock Richard: Heimat und Identität – Grundlagen für eine werteorientierte Politik Tirols in Europa, Vortrag für die Europa-Union Tirol am 16.04.2004

Stoll Eduard: Die Neuordnung in Osteuropa im Zeichen der Selbstbestimmung, Vortrag für die Europa-Union Tirol am 18.11.2006

Südtiroler Sprachbaromter 2004, Hg. Landesinstut für Statistik, Bozen 2005

Weingartner Wendelin: Welche Zukunft hat Gesamt-Tirol?, Vortrag für die Europa-Union Tirol am 10.11.2007