Die historischen Landschaften des deutschen Siedlungsraumes und der deutschen Volksgruppe im heutigen Rumänien.
Die Bezeichnung Rumäniendeutsche sammelt seit dem Ende des Ersten Weltkrieges alle in Rumänien lebenden Deutschen, die in voneinander geographisch getrennten Gebieten siedeln und bezüglich ihrer Herkunft, Geschichte und Konfession erhebliche Unterschiede aufweisen.
Die Rumäniendeutschen setzen sich zusammen aus den „Sachsen“ (Siebenbürger Sachsen und Zipser), den „Schwaben“ (Banater Schwaben und Sathmarer Schwaben), den Landlern, den Buchenlanddeutschen und den Regatsdeutschen (Dobrudschadeutsche und Bukarestdeutsche) und weitere kleinere deutsche Gemeinschaften.
Siebenbürgen
Die Niederlassung der Siebenbürger Sachsen, der ältesten deutschen Siedler auf dem Territorium des heutigen Rumänien, im „Lande jenseits der Wälder“ (terra ultrasilvana), erfolgte im 12. Jahrhundert im Zuge der deutschen Ostkolonisation. Die ersten Deutschen, die in der Hermannstädter Provinz angesiedelt wurden, folgten dem Ruf des ungarischen Königs Geysa II (1141 – 1161) zum Schutz der Grenzen gegen Mongolen- und Tatareneinfälle und zur wirtschaftlichen Erschließung des Landes. Durch Innenkolonisation und neue Siedlerzüge wurde der den deutschen Kolonisten zugewiesene „Königsboden“ besiedelt. Name und Urheimat der Siebenbürger Sachsen – die Bezeichnung „Sachsen (saxones)“ geht auf das mittelalterliche ungarische Kanzleideutsch zurück – konnten nicht eindeutig bestimmt werden. Es gilt als gesichert, dass „unsere getreuen deutschen Gastsiedler“, wie sie in der 1224 in der ersten erhaltenen Reichsverleihung durch den ungarischen König Andreas II., dem sogenannten „Goldenen Freibrief“, genannt wurden, aus dem linksrheinischen fränkischen Raum nach Osten gezogen sind. In dem „Andreanum“ sind der besondere Status und die Vorrechte der ersten deutschen Siedlergruppe fixiert, die danach auf fast den gesamten Siedlungsraum der Siebenbürger Sachsen ausgedehnt wurden.
Zu ihren wichtigsten Privilegien gehörten die freie Richter- und Pfarrerwahl, die Gerichtsbarkeit nach eigenem Gewohnheitsrecht, Zollfreiheit, freie Märkte etc. Im Gegenzug verpflichteten sich die Kolonisten – Bauern, Handwerker und Bergleute – dem König einen Jahreszins zu entrichten sowie Kriegsdienst zu leisten. Die zum Schutz ihrer Wohnstätten errichteten Wehrkirchen und Kirchenburgen prägen auch heute noch das siebenbürgisch-sächsische Siedlungsgebiet.

Als oberstes Verwaltungs- und Rechtsgremium fungierte seit 1486 die „Sächsische Nationsuniversität“. Zusammen mit dem seit 1583 geltenden Eigen-Landrecht bildete sie die Basis der spezifischen Form der siebenbürgisch-sächsischen Selbstverwaltung. Zur politischen Selbständigkeit gesellte sich im 16. Jahrhundert dank des geschlossenen Übertritts der Siebenbürger Sachsen zum lutherischen Glauben die Unabhängigkeit ihrer Evangelischen Kirche Augsburger Bekenntnisses. Seit 1568 herrschte in Siebenbürgen Religionsfreiheit. Volksschulen waren in Siebenbürgen bereits im 14. Jahrhundert belegt, zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte fast jede siebenbürgisch-sächsische Gemeinde ihre Schule. 1541 wurde das erste Gymnasium gegründet, 1722 die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Jahrhundertelang gelang es den Siebenbürger Sachsen allen Kriegswirren und politischen Verwerfungen zum Trotz, die Struktur ihres Gemeinwesens zu bewahren. Erst die 1867 erfolgte Gründung der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie brachte das Ende der Existenz der Siebenbürger Sachsen als gleichberechtigte ständische Nation in Siebenbürgen. Mit der Auflösung der Nationsuniversität verloren sie die politische Grundlage ihrer Autonomie.
Banat
Die Banater Schwaben kamen im 18. Jahrhundert im Zuge einer großangelegten Kolonisierungsaktion, nachdem das sogenannte Banat nach mehr als hundertfünfzigjähriger Türkenherrschaft im Jahre 1716 in eine Provinz des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation umgewandelt worden war. Um das verwüstete, menschenleere Sumpfgebiet wieder urbar zu machen und dort Gewerbe und Handel zu beleben, wurden Bauern, Handwerker, Berg- und Facharbeiter aus dem westlichen Grenzraum des deutschen Sprachraums als Kolonisten angesiedelt. In drei sogenannten „Schwabenzügen“ kamen die deutschen Siedler ins Banat. Ungefähr 15.000 bis 20.000 folgten dem Ruf Kaiser Karls VI. in den Jahren 1722 – 1726. Während der Regierungszeit Maria Theresias (1740 – 1780) wurden weitere 22.355 deutsche Siedler dort ansässig. Der Dritte Schwabenzug Kaiser Josefs II. (1780 – 1790) brachte nochmals etwa 30.000 Familien auf den kaiserlichen Kameraldomänen zur Ansiedlung.
Banater Schwaben sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ebensowenig „Schwaben“ wie die Siebenbürger Sachsen „Sachsen“ sind. Der Name geht auf die – im ungarischen Kanzleiidiom übliche – Bezeichnung für die neuzeitlichen deutschen Ansiedler zurück. Die Banater Schwaben stammen vorwiegend aus den linksrheinischen Gebieten Rheinpfalz, Rheinhessen, Trier, Lothringen sowie aus Franken, in geringerer Zahl auch aus Bayern, Schwaben und den österreichischen Alpenländern. Im Laufe der Zeit hat sich bei ihnen die rheinfränkisch-pfälzische Mundart durchgesetzt.
Den Siedlern, die hochentwickelte Agrar- und Handwerkstechniken mitbrachten, wurden mehrere Jahre Abgabenfreiheit sowie eine eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit zugestanden. Viele mussten sich erst aus der Erbuntertänigkeit in ihren Herkunftsgebieten loskaufen. Nach der 1778 erfolgten Eingliederung des Banats in den ungarischen Staatsverband gerieten die Schwaben unter Assimilationsdruck seitens der neuen Verwaltung. Anders als die Siebenbürger Sachsen konnten sie nicht auf gewachsene politische Strukturen und eine gefestigte Identität zurückgreifen. Dadurch wurden ihre politischen und geistigen Eliten ihrer Sprache und Tradition stärker entfremdet, als dies bei den Siebenbürger Sachsen nach 1867 der Fall war.
Sathmarer Deutsche
Gleichfalls im 18. Jahrhundert wurden im Nordwesten Rumäniens die sogenannten Sathmarer Schwaben von ungarischen Grundherren angesiedelt. Zur Zeit Karls VI. und Maria Theresias wurden zudem Protestanten aus den österreichischen Erblanden, die sogenannten Landler, zwangsweise in drei auf siebenbürgisch-sächsischem Gebiet gelegene Gemeinden „umgesiedelt“, wo sie Brauchtum und Idiom beibehalten haben.
1918 – Teil Rumäniens
In den Pariser Vorortverträgen von Saint Germain und Trianon wurden von den Siegermächten 1919 und 1920 die Grenzen Südosteuropas weitgehend neu gezogen. Österreich musste das Buchenland an Rumänien abtreten, Ungarn Siebenbürgen und das östliche Banat, Bulgarien die Dobrudscha. 1918 hatten rumänische Truppen zudem Bessarabien (das heutige Moldawien) in der Ukraine besetzt. Durch die territorialen Gewinne war die bis dahin nur kleine deutsche Volksgruppe Rumäniens (Walachei und Moldau) erheblich angewachsen. Bei der Volkszählung von 1930 bekannten sich 745.000 rumänische Staatsbürger zur deutschen Volksgruppe. Das entsprach einem Anteil von 4,1% der Bevölkerung Rumäniens. In den seit Kriegsende erworbenen Gebieten waren es sogar 8,2%. Die Deutschen waren damit nach Rumänen und Ungarn die drittstärkste Volksgruppe des Landes. Der neue rumänische Staat machte nicht alle den Minderheiten gemachten Versprechungen der sogenannten „Karlsburger Beschlüsse“ vom 1.12.1918 wahr. Im Zuge der 1921 eingeleiteten rumänischen Agrarreform verloren die Sächsische Nationsuniversität und die Evangelische Kirche große Teile ihres Grundbesitzes. Der den Minderheiten zugesagte muttersprachliche Unterricht wurde durch die Einführung rumänisch-sprachiger Pflichtfächer reduziert, der Zugang nichtrumänischer Studenten zu den Universitäten erschwert. Versuche der rumänischen Regierung, den „numerus clausus valachicus“ auch in der Wirtschaft einzuführen, scheiterten am Einspruch des Völkerbundes. Dank der vergleichsweise demokratischen politischen Rahmenbedingungen – eine politische Vertretung im Parlament, eine freie Presse – war es der deutschen Minderheit jedoch möglich, ihre Rechte einzufordern und gegebenenfalls zu verteidigen.

Nach dem Ersten Weltkrieg gewannen analog zum Aufstieg autoritärer, nationalistischer Regime in Europa auch innerhalb der Rumäniendeutschen Anhänger nationalsozialistischer „Erneuerungsbewegungen“ Zustrom, doch erst das Einschwenken der rumänischen Außenpolitik auf die Linie der Achsenmächte eröffnete Berlin die Möglichkeit, die Politik der Rumäniendeutschen umfassend auf das Dritte Reich auszurichten. Am 20. November 1940 erließ die rumänische Regierung unter General Ion Antonescu ein Gesetz, welches der „Deutschen Volksgruppe in Rumänien“, der automatisch alle in Rumänien lebenden Deutschen zugerechnet wurden, den Status einer juristischen Person zuerkannte.
Krieg, Flucht, Vertreibung, Verfolgung, Diskriminierung
Im Anschluss an den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 wurden Deutsche aus den Gebieten Nordbukowina, Bessarabien und von Herña, die von Hitler in einem geheimen Zusatzprotokoll der sowjetischen Einflusssphäre zugesprochen worden waren, in das damalige Reichsgebiet überführt. Danach vereinbarte Berlin mit der rumänischen Führung auch die Umsiedlung der Deutschen aus der Südbukowina, der Dobrudscha und dem rumänischen Altreich – insgesamt 214.630 Personen. Mit dem Anschluss Nordsiebenbürgens an Ungarn aufgrund des sogenannten Zweiten Wiener Schiedsspruchs vom 30.8.1940 wurden 70.000 Deutsche zu ungarischen Staatsangehörigen.
Im Februar 1942 bzw. im Mai 1943 schloss Deutschland Abkommen mit Ungarn bzw. Rumänien, wonach die wehrfähigen Deutschen aus Nord- und Südsiebenbürgen zur Waffen-SS eingezogen wurden. Weitere Männer wurden in Einheiten der Wehrmacht, der Organisation Todt sowie in der deutschen Rüstungsindustrie eingesetzt. Rund 15% von ihnen fielen im Krieg. Von den Überlebenden konnten nur wenige Tausend nach Rumänien zurückkehren, wo sie verhaftet und zum Teil jahrelang in Gefangenschaft festgehalten wurden.
Nach dem am 23. August 1944 vollzogenen Frontwechsel Rumäniens entstand für die auf rumänischem Staatsgebiet lebenden Deutschen eine völlig neue Lage von weitreichender, schicksalhafter Bedeutung. Allein die Deutschen aus dem ungarisch verwalteten Nordsiebenbürgen sowie aus Teilen des Banats konnten bis zum Jahresende 1944 evakuiert werden, viele flüchteten. Für die in Rumänien Zurückgebliebenen begannen Jahre der Entrechtung, Verschleppung und Diskriminierung, die ihren Willen, in den alten Siedlungsgebieten auszuharren, entscheidend geschwächt haben. Die von der Sowjetunion eingesetzten Behörden übten Rache an den Deutschen, denen sie eine Kollektivschuld am Krieg zuwiesen. Im Januar 1945 wurde die arbeitsfähige deutsche Bevölkerung Rumäniens – Männer zwischen 17 und 45 und Frauen zwischen 18 und 30 Jahren – zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert. Diese Reparationsverschleppung war von den sowjetischen Besatzern organisiert worden. Rumänische Polizei- und Armeeangehörige wurden an der Durchführung der Aktion beteiligt, nachdem Proteste rumänischer Regierungsvertreter sowie des rumänischen Königs bei den Westallierten erfolglos geblieben waren. Ungefähr 15% der insgesamt 75.000 Deportierten kamen dabei ums Leben, viele der Heimkehrer wurden aus der Sowjetunion in die sowjetische Besatzungszone Deutschlands entlassen, andere gelangten in die Westzone bzw. die Bundesrepublik Deutschland sowie nach Österreich.
In den ersten Nachkriegsjahren wurde die deutsche Minderheit in Rumänien in besonderer Weise diskriminiert. Allein die Deutschen verloren alle politischen Rechte; das am 5.2.1945 erlassene Minderheitenstatut, das die Gleichberechtigung aller Staatsbürger ohne Unterschied der Nationalität postulierte, galt für sie nicht. Zwischen 1946 und 1950 besaßen die Rumäniendeutschen kein Wahlrecht. Durch das Agrarreformgesetz vom 23.3.1945 verloren sie ihren landwirtschaftlichen Grundbesitz sowie ihre Häuser mit lebendem und totem Inventar. Damit wurde den rumäniendeutschen Bauern – im Jahre 1945 machten sie noch 77% der gesamten deutschen Bevölkerung aus – ihre selbständige Lebensgrundlage entzogen. Im Jahre 1956 waren nur noch 22% der Deutschen in der Landwirtschaft tätig.

Nach der Ausrufung der Volksrepublik am 31.12.1947 waren Deutsche ebenso wie die Mehrheitsbevölkerung und die anderen Minderheiten von den Maßnahmen im Zuge des „sozialistischen Aufbauprozesses“ betroffen. Mit dem Verstaatlichungsgesetz vom 11. Juni 1948 wurden alle privaten Industrie-, Bank und Gewerbebetriebe Rumäniens in Staatseigentum überführt, im August 1948 wurden die Schulen verstaatlicht – ein schwerer Schlag auch für die Kirchen der Deutschen. Die geistigen und politischen Eliten der Deutschen wurde nach 1948 ebenso wie die der Rumänien oder Ungarn in Gefängnisse gesperrt oder in Straf- und Arbeitslager verbannt. Im Juni 1951 kam es im Zuge der sowjetisch-jugoslawischen Kontroverse zu einer Umsiedlungsaktion im Banat, bei der auch knapp 10.000 Deutsche – in die südrumänische Tiefebene verschleppt wurden. 1952 wurden zahlreiche Städter, darunter auch Deutsche, aus mehreren großen Städten zwangsevakuiert.
Nach dem Tode Stalins trat in Rumänien auch für die deutsche Minderheit eine Wende zum Besseren ein. Die Zwangslager wurden bis 1964 aufgelöst, die innerhalb Rumäniens Deportierten und Evakuierten durften in ihre Wohnorte zurückkehren, ein Teil der enteigneten Häuser und Höfe an die Betroffenen zurückgegeben. Trotz der Rücknahme der einseitig diskriminierenden Maßnahmen war jedoch nicht zu übersehen, dass die Deutschen in Rumänien in ihrer Substanz schwer getroffen waren. Vieles von dem, was seit Kriegsbeginn geschehen war, ließ sich nicht mehr rückgängig machen: die Trennung zahlreicher Familien infolge Krieg, Flucht und Deportation, die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Deutschen in Stadt und Land, die soziale Deklassierung, die Zerstörung der gewachsenen dörflichen Gemeinschaften sowie der städtischen Mittelklasse, die Liquidierung eines Teils der rumäniendeutschen Eliten, der Verlust des ethno-kulturellen Identitätsgefühls, die zunehmende Isolierung vom deutschen Sprach- und Kulturraum. Die Rumäniendeutschen waren „vertrieben, jedoch im Vertreibungsland zurückgehalten“. Die legale Ausreise aus Rumänien bildete damals aber noch keine realistische Alternative, die Zusammenführung getrennter Familien war bis zum Beginn der 1960er Jahre nur in Ausnahmefällen möglich.

In den ersten Jahren nach dem Machtantritt des neuen rumänischen Staats- und Parteichefs im Jahre 1965 machten die begrenzten Liberalisierungsmaßnahmen des Regimes auch vor den Rumäniendeutschen nicht halt. Im Jahre 1968 kam es zur Gründung eines sogenannten „Rat der Werktätigen deutscher Nationalität“. Es wurden neue deutsche Zeitungen und Zeitschriften ins Leben gerufen, ein Minderheitenverlag gegründet, deutsche Fernsehsendungen eingeführt, der landeskundlichen Forschung etwas mehr Spielraum gewährt. Die Minderung des innenpolitischen Drucks und die zeitweilige Liberalisierung fand jedoch unter den Deutschen nicht das vom Regime erwünschte positive Echo. Nach der 1967 erfolgten Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Bonn und Bukarest trat für die Rumäniendeutschen das Ziel der Ausreise in den Vordergrund. Diskriminierungen und Sanktionen entmutigten sie nicht, vielmehr bestärkten sie die Deutschen in ihrem Wunsch, Rumänien zu verlassen. Sie setzten auf die Fürsprache der Bundesregierung und auf die Bereitschaft der rumänischen Führung, humanitäre Fragen wie die Zusammenführung getrennter Familien im Einklang mit den bei der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte von 1975 eingegangenen internationalen Verpflichtungen zu lösen. Die deutsche Bundesregierung hatte unter wechselnden Regierungen konsequent an ihrem doppelten Fürsorgeprinzip – Hilfe für die Bleibenden und zugleich Unterstützung für die Ausreisewilligen – festgehalten. Nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen stieg die Zahl deutscher Aussiedler aus Rumänien rasant an – von ungefähr 900 pro Jahr im Zeitraum 1950 – 1967 auf durchschnittlich 3.400 jährlich zwischen 1968 und 1971. Zwischen 1973 und 1977, als das Verfahren bereits in einigermaßen geregelten Bahnen verlief, erreichten die Aussiedlerzahlen durchschnittlich 7.200 Personen pro Jahr. Anlässlich seines Rumänienbesuchs traf Bundeskanzler Helmut Schmidt mit Rumäniens Staats- und Parteichef Nicolae Ceauşescu eine Vereinbarung, wonach Rumänien sich verpflichtete, jährlich zwischen 12.000 und 16.000 Deutschen die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland zu gestatten. Im Gegenzug sagte der Bundeskanzler die Zahlung eines Pauschalbetrags pro Aussiedler zu. Dieser Betrag stieg von 5.000 DM im Jahre 1978 auf 7.800 DM zum Zeitpunkt der Wende. Seit Beginn der 1980er Jahre verschlechterte sich die Lage der deutschen Minderheit in Rumänien in erheblichem Maße. Infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise im Lande sank der Lebensstandard der gesamten Bevölkerung auf das niedrigste Niveau nach Kriegsende. Seitdem die rumänische Führung den Nationalismus der Mehrheitsbevölkerung zur Staatsideologie erhoben hatte, wuchs der Assimilationsdruck auf die Minderheiten. Der Gebrauch der Muttersprache in der Öffentlichkeit wurde eingeschränkt, viele der begrenzten Liberalisierungsmaßnahmen der 1960er Jahre im kulturellen und schulischen Bereich zurückgenommen. Die wachsenden Aussiedlerzahlen hatten einen verhängnisvollen Rückkoppelungseffekt zur Folge, der Prozess entfaltete eine fatale Eigendynamik: Die örtlichen Gemeinschaften zerfielen, sinkende Lehrer- und Schülerzahlen an den deutschen Schulen führten zu einem verschlechterten Unterrichts- und Bildungsangebot auch für jene Rumäniendeutschen, die noch nicht zur Ausreise entschlossen waren.
Heute
Als die Bürger Rumäniens nach dem Zusammenbruch des Kommunismus die Freiheit zum Verlassen des Landes erlangten, verließen innerhalb von sechs Monaten 111.150 Deutsche Rumänien. Bei der letzten Volkszählung vom Januar 1992 wurden in Rumänien nur noch 119.646 Deutsche gezählt. Die derzeitige Zahl wird auf 60-80.000 geschätzt.
Anneli Ute Gabanyi, Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., München